Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

Das Wollen. . 
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sprechende Gedanke an eine besondere Veränderungsreihe einen be- 
sonderen Wünschensaugenblick bilden können. „Disjunktiv mehrfaches 
Wünschen“ liegt hingegen vor, wenn jemand mehrere Veränderungs- 
reihen denkt, deren jede allein eine wirkende Bedingung dafür ent- 
hält, daß er seine gegenwärtige Unlust verliert und Lust gewinnt, wie 
wenn z. B. jemand, der Unlust daran hat, daß kein Schachpartner an- 
wesend ist, wünscht, daß entweder A oder B kommen möge. Auch 
in solchem Falle liegt „nehreres besonderes Wünschen“ vor, daß in 
einem Seelenaugenblicke zusammentrifft, da eben solche Unlust stets 
schon. mit dem Gedanken an eine jener besonderen Veränderungsreihen 
einen besonderen Wünschensaugenblick bilden kann. 
Man spricht auch von dem Gegensatze „unbedin gten Wün- 
schens“ und „bedingten Wünschens“. Daß jedoch „unbedingtes 
Wünschen“ und „bedingtes Wünschen“ nicht etwa zwei Besonderheiten 
von „Wünschen schlechtweg“ sein können, ergibt sich schon daraus, 
daß diese Entgegensetzung irgendwie auf die Bedingungen des 
„Wünschens“ zielt, also besondere Seelenaugenblicke in Beziehung 
zu ihren Bedingungen meint. Keineswegs aber kann mit jener Ent- 
gegensetzung gemeint sein, daß es ein „Wünschen“ gibt, welches einer 
Seele ohne „Ursachen“ — ohne wirkende und grundlegende Bedin- 
gungen — zugehörig wird, da es solches Wünschen in der Welt nicht 
gibt, keiner Seele Etwas „ohne Ursache“, also als „Unbedingtes“ zu- 
gehörig wird. Um nun klarzustellen, was mit der Entgegensetzung 
„‚unbedingten Wünschens“ und „bedingten Wünschens“ gemeint sein 
kann, muß aber zunächst untersucht werden, in welchem Sinne über- 
haupt von „Bedingungen des Wünschens“ gesprochen werden 
kann. Wie bereits erörtert wurde, ist „Wünschen“ nicht eine seelische 
Bestimmtheit oder Bestimmtheitsbesonderheit, sondern ein besonderer 
Seelenaugenblick, dem die „Unlust im Wünschen“ und der „Gedanke 
im Wünschen“ zugehört. Jene Unlust, welche sich in einem besonderen 
Wünschen findet, kann selbstverständlich einer Seele auch außerhalb 
eines „Wünschens“ zugehören, also ohne daß sie zugleich mit einem 
entsprechenden „Gedanken im Wünschen“ der Einheit eines besonderen 
Seelenaugenblickes „Wünschen“ zugehört. Eine „Unlust im Wün- 
schen“ ist daher als solche Unlust nicht etwa gekennzeichnet durch 
die Besonderheit dessen, woran die Unlust besteht, sondern lediglich 
durch die Beziehung der Zusammengehörigkeit mit einem besonderen 
Gedanken in der Einheit eines Seelenaugenblickes „Wünschen“. Hin- 
gegen kann ein „Gedanke im Wünschen“ niemals einer Seele außer- 
halb eines Wünschens zugehörig sein, da eben zum Gewußten eines 
Solchen Gedankens stets auch gegenwärtige eigene Unlust gehört. 
Ein Gedanke ist also als „Gedanke im Wünschen“ stets auch durch 
lie Besonderheit seines Gedachten gekennzeichnet. Wenn nun also
	        
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