Erster Teil
Der heutige Zustand der Nationalökonomie
Erstes Kapitel
Die Unbestimmtheit des Gegenstandes
In der Wissenschaft, die der deutsche Volksmund seit jeher und
immerdar als Nationalökonomie bezeichnet hat, ist alles, was bestimmt
sein sollte, unbestimmt: sogar der Gegenstand, mit dem sie sich. be-
schäftigt. Und das ist wohl eine Eigenart, die sie mit keiner anderen
„Wissenschaft“ teilt und die nur die Philosophie mit ihr gemeinsam
hat: daß sie nicht weiß, wo sie sich auf dem Globus intellectualis be-
findet. Denn, soweit ich sehe, wissen das alle anderen Wissenschaften,
;o lebhaft umstritten auch sonst sie sein mögen. Gewiß bestehen
weitestgehende Meinungsverschiedenheiten in bezug auf Fragestellung,
Methode, Erkenntnisart etwa der Logik oder der Psychologie oder
der Geographie, um einige der strittigsten Wissenschaften zu nennen,
Aber es hat doch wohl noch niemand daran gezweifelt, daß die Logik
das menschliche Denken und nicht das menschliche Handeln, die
Psychologie das menschliche Seelenleben und nicht den menschlichen
Körperbau, die Geographie die Erde und nicht den Mond zum Unter-
suchungsgegenstand haben. Während in der Nationalökonomie in der
Tat eine solche Abgrenzung nicht besteht, man nicht weiß, ob sich
die Untersuchungen auf die Erde oder den Mond beziehen.
Diese schwarzseherische Auffassung scheint unberechtigt zu sein
angesichts der unzweifelhaft richtigen. Tatsache, daß jedermann die
Nationalökonomie doch als die Wissenschaft von der „Wirtschaft“
bezeichnet. Gewiß. Aber darum bleibt mein Urteil doch zu Recht be-
stehen, daß die Nationalökonomie keinen fest bestimmten Gegen-
stand hat, weil nämlich dieser durch den Begriff „Wirtschaft“ nicht
gegeben ist. Das Wort „Wirtschaft“ (ebenso wie &conomie, economy,
economia) hat vielmehr sehr verschiedene Bedeutungen, unter denen
Sdomhart Die drei Nationalökonomien