Full text: Die drei Nationalökonomien

weisen ausdrücken. Nach dem „ökonomischen‘“ Prinzip handeln 
(oder sollen nach der Meinung mancher Beurteiler handeln): 
Maler oder Zeichner (Busch, Gulbranson), Dichter (Carl Stern- 
heim, Georg Kaiser), „Philosophen“ (Avenarius, Ostwald), handeln 
aber letzthin alle „vernünftigen“ Menschen in jedem Augenblicke, 
wenn sie etwa auf dem kürzesten Wege in die Vorlesung oder in die 
Kneipe gehen. Immer schwebt ihnen der Grundsatz vor: mache keinen 
größeren Aufwand als nötig ist, um den gewollten Zweck zu verwirk- 
lichen. 
Während nun meines Wissens noch keiner der zahlreichen 
Nationalökonomen, die ihren Lesern oder Hörern die seltsame Mär 
verkünden: die Nationalökonomie sei die Lehre vom „ökonomischen“ 
Prinzip, auf den Gedanken verfallen ist, nun auch Ausführungen 
zu machen über die „wirtschaftliche“ Art zu zeichnen, zu dichten 
oder zu philosophieren oder seine Tagesarbeit zu verrichten oder 
Kinder zu unterrichten und dergleichen, haben manche Vertreter des 
„Nutzprinzips“ Ernst mit ihrer Auffassung gemacht, indem sie die 
Folgerung gezogen haben, daß die Nationalökonomie zu einer all- 
gemeinen „Genußlehre‘“ auszubauen sei. Der erste, der diesen Ge- 
danken gefaßt hat, ist wohl der geniale Idiot Gossen gewesen, dessen 
Werk über „Die Gesetze des menschlichen Verkehrs“ die Veran- 
lassung zu allem möglichen Unfug geworden ist. Der Zweck seiner 
Lehre, die auch als Diätetik der Seele oder allgemeine Hedonistik 
bezeichnet werden kann, sollte sein: „den Menschen zur größten 
Summe des Lebensgenusses zu verhelfen‘‘*, Und wahrhaftig: Gossen 
hat Nachfolger gefunden, und es gibt eine ganze Reihe von „‚National- 
ökonomen‘‘, die solcherweise das Forschungsgebiet ihrer Wissen- 
schaft umschreiben. So bezeichnet Otto Neurath, ein Autor, der 
auch ganz vernünftige Sachen geschrieben hat, als „Gegenstand der 
Nationalökonomie den Reichtum“ und lädt uns ganz freimütig ein, 
unter Reichtum zu verstehen „den Inbegriff von Lust und Unlust..., 
den wir bei Individuen und Individuengruppen antreffen‘“. Schlank- 
weg „Lust und Unlust“. Ein Bild z. B. ist ein „Reichtumserreger‘‘. 
Und Gegenstand der Nationalökonomie ist: festzustellen, ob z. B. in 
4 H. H. Gossen, Entwicklung der Gesetze des menschlichen Verkehrs. 1854. 
Neudruck 1889. S. 34.
	        
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