166
bezeichnet werden.‘ 5? Heinrich Maier bleibt dem Psychologismus
auch in seinem letzten Werke treu, wo es heißt5: „Für die induktiv-
generalisierende Geistesforschung ... ist... die Psychologie die
Fundamentalwissenschaft ...‘ „Als die fundamentale theoretische
Geisteswissenschaft erscheint. :. die Psychologie.“
Daß die neuzeitliche Soziologie sich noch immer nicht aus den
Fesseln der Psychologie befreit hat, ist bekannt, worunter natürlich
auch die Nationalökonomie zu leiden hat. Selbst Forscher mit ausge-
sprochen geistwissenschaftlicher Haltung werden ihr Vorurteil nicht
ios. Wie etwa C. Brinkmann, wenn er schreibt5: „Soziologie ist wie
alle (1) Kulturwissenschaften ein psychophysisches Erkenntnisgebiet.“
Wir glauben heute eingesehen zu haben, daß der Psychologismus
Falsch und für eine gedeihliche Entwicklung der Geistwissenschaften
verderblich ist und glauben auch zu wissen, warum er das ist.
Der psychologistische Irrtum läßt sich als solcher sogar
a) schon empirisch erweisen. Die sozialen Erscheinungen, auf die
ich meine Ausführungen beschränken will, setzen sich offensichtlich
nicht nur aus seelischen, sondern auch aus zahlreichen anderen Be-
standteilen zusammen: rechtlicher, technischer, physikalischer, geo-
graphischer u. a. Natur, Es ist aber unmöglich, von einem Teile über
das Ganze auszusagen, also soziales Geschehen nur aus seelischen
Vorgängen ableiten zu wollen.
Der tiefere Grund der Unhaltbarkeit eines psychologistischen
Standpunktes ist
b) allgemein erkenntnistheoretischer Natur. Kultur, also
auch Wirtschaft, ist eine Sphäre, die weder körperlich noch seelisch,
sondern von besonderer Art ist. Sie besteht aus nicht-psychischen
Sinngebilden. Sie ist (teist, Geist aber aus Seele „abzuleiten“, ihr!
auf Seele „zurückzuführen‘‘, ihn aus Seele verstehen zu wollen, ist
cin eitles Bemühen, das einer schlechten Metaphysik entsprungen
ist. Die psychologische Analyse trägt zweifellos dazu bei, unsere Ein-
sicht in Erscheinungen der Wirtschaft oder überhaupt der Kultur
53 E. Becher, Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften, 1921. S. ıı4.
Akademie der Wiss. vom Jahre 1906. S. 24.
53 H. Maier, Wahrheit und Wirklichkeit. 1926. S. 10. 7.
5 Carl Brinkmann, Versuch einer Gesellschafiswissenschaft, 19109. S. 56.