Full text: Die drei Nationalökonomien

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schaften: Mathematik und Gedankenwelt auch zum „objektiven‘“ Geiste 
rechnen will — von dem in irgendwelchen Symbolen objektivierten 
Geiste handeln. 
Daß alle Kulturwissenschaften, also auch die Nationalökonomie, 
Geistwissenschaften und nichts anderes sind, und daß es falsch 
ist, wie man gelegentlich äußern hört, die Kultur- und Geistwissenschaft 
in einen Gegensatz zueinander, zu stellen, möchte ich noch mit aller 
Entschiedenheit betonen. ‘Und das zwar angesichts der Tatsache, deren 
Bedeutung ich mich keineswegs verschließe, daß die Wirtschaft, wie 
alle Kultur, nicht nur aus Geist besteht, sondern ebenso aus Seele 
und Körper: jeder Entschluß zu wirtschaftlichem Handeln wie jede 
Arbeitsleistung zur Ausführung dieses Entschlusses ist Seele und jeder 
Baumwollballen wie jeder Ochse ist Körper. Trotzdem „Geist“ wissen- 
schaften, da Seele und Körper nur im Geistigen ihren Sinn finden, 
nur durch die Sphäre des Geistigen hindurch „verstanden“ werden, 
äberhaupt Objekte der Erkenntnis nur im Zusammenhange des 
Geistigen werden: weder das Motiv des Unternehmers, noch der 
Ochse gehen uns etwas an, sofern sie nicht in den Geist- oder Sinn- 
zusammenhang „Betrieb‘“ eingebettet sind. Worüber an anderer Stelle 
noch sehr viel mehr zu sagen ist: siehe das dreizehnte Kapitel! 
Die Nationalökonomie ist also keine Naturwissenschaft, obwohl 
sie mit Naturdingen, keine Seelwissenschaft, obwohl sie mit Seelen- 
zuständen zu tun hat. Sie ist aber auch keine angewandte Psycho- 
logie aus Gründen, die ich schon dargelegt habe, noch gar eine an- 
gewandte Naturwissenschaft, etwa der Biologie, wie man uns nahe- 
gelegt hat, anzunehmen ®. Welches Verhältnis die verstehende Na- 
tionalökonomie zu den seelischen und natürlichen Erscheinungen 
hat, die sie selbstverständlich in den Bereich ihrer Untersuchungen 
ainbeziehen muß, werde ich ebenfalls am geeigneten Orte darlegen: 
siehe wiederum das dreizehnte Kapitel! 
Die Nationalökonomie steht aber auch nicht „mitteninne‘ zwi- 
schen verschiedenen Wissenschaften, sie nimmt keine „intermediate 
8 Ludwig Woltmann, Politische Anthropologie. 1903. S. 131. Siehe die 
Widerlegung schon bei FF. Eulenburg, Gesellschaft und Natur. 1905. Archiv 
Sür Soz.-Wiss. usw. 21, 551f., und F. Tönnies, Zur naturwissenschaftlichen 
Gesellschaftelehre in Schmollers Jahrbuch. Bd. 24. 1905.
	        
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