Full text: Die drei Nationalökonomien

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historische Betrachtungsweise ein Apriori jeder national- 
ökonomischen Theorie ist, sofern sie das Sachverstehen zu ihrem 
Inhalte hat. Der Begriff „Tausch“ etwa besagt gar nichts. Er be- 
kommt seinen „Sinn“ erst durch die Beziehung auf den geschicht- 
lichen Zusammenhang, in dem der Tausch stattfindet. „Tausch“ in 
der primitiven Wirtschaft (stummer Tauschhandel!), in der hand- 
werksmäßigen Wirtschaft und in der kapitalistischen Wirtschaft sind 
himmelweit voneinander verschiedene Dinge. 
Alle nationalökonomische Sacherkenntnis also ist historische Er- 
kenntnis, darum aber doch noch keine Wirtschaftsgeschichte. „Ge- 
schichte‘, wenn wir darunter ganz allgemein den Ablauf der Ereignisse 
verstehen, ist Wirkungszusammenhang, ist Leben. Wir hingegen be- 
finden uns einstweilen noch in dem Bereiche des Geistes, in dem es 
wohl Sinnzusammenhänge, aber keine Wirkungszusammenhänge gibt. 
Worauf es nun vor allem ankommt,.ist: uns eine klare Vorstellung 
von dem zu machen, was wir einen „„,Sinnzusammenhang“ nennen. 
Wir werden das am leichtesten erreichen, wenn wir uns zum Bewußt- 
sein bringen, daß es verschiedene Arten von Sinnzusammenhängen 
gibt, weil der Zusammenschluß einzelner Tatbestände zu einer 
geistigen Einheit in mehrfacher Weise geschehen kann. Es gibt, wie 
ich zeigen werde: Zweck-, Stil- und Beziehungszusammenhänge. 
1. Der Zweckzusammenhang läßt sich bei weitem am leichtesten 
bestimmen. Hier wird die Einheit durch den einheitlichen Zweck ge- 
bildet. Alle einzelnen Erscheinungen sind realiter (an sich selbst) 
zweckbezogen; alle Handlungen ebenso zweckorientiert. 
Beispiele von Zweckzusammenhängen sind: Betrieb, Unter- 
nehmung, Konzern, Kartell, Gewerkschaft, Streik (Aussperrung), das 
Geldwesen, die Handelspolitik, die „innere Kolonisation‘“ eines 
Landes, die Staatswirtschaft. 
Erheblich schwieriger zu bestimmen ist: 
2. der Stilzusammenhang. Als solchen bezeichne ich 
— schlecht! aber ich finde keinen besseren Ausdruck — einen. Zu- 
sammenhang, bei dem alle einzelnen Tatbestände zwar nicht zweck- 
bezogen, weil kein einheitlicher, gesetzter Zweck vorhanden ist, 
aber doch — und zwar auch realiter (an sich selbst) — sinn- 
bezogen, die Handlungen also sinnorientiert sind, weil der „Sinn“ 
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