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historische Betrachtungsweise ein Apriori jeder national-
ökonomischen Theorie ist, sofern sie das Sachverstehen zu ihrem
Inhalte hat. Der Begriff „Tausch“ etwa besagt gar nichts. Er be-
kommt seinen „Sinn“ erst durch die Beziehung auf den geschicht-
lichen Zusammenhang, in dem der Tausch stattfindet. „Tausch“ in
der primitiven Wirtschaft (stummer Tauschhandel!), in der hand-
werksmäßigen Wirtschaft und in der kapitalistischen Wirtschaft sind
himmelweit voneinander verschiedene Dinge.
Alle nationalökonomische Sacherkenntnis also ist historische Er-
kenntnis, darum aber doch noch keine Wirtschaftsgeschichte. „Ge-
schichte‘, wenn wir darunter ganz allgemein den Ablauf der Ereignisse
verstehen, ist Wirkungszusammenhang, ist Leben. Wir hingegen be-
finden uns einstweilen noch in dem Bereiche des Geistes, in dem es
wohl Sinnzusammenhänge, aber keine Wirkungszusammenhänge gibt.
Worauf es nun vor allem ankommt,.ist: uns eine klare Vorstellung
von dem zu machen, was wir einen „„,Sinnzusammenhang“ nennen.
Wir werden das am leichtesten erreichen, wenn wir uns zum Bewußt-
sein bringen, daß es verschiedene Arten von Sinnzusammenhängen
gibt, weil der Zusammenschluß einzelner Tatbestände zu einer
geistigen Einheit in mehrfacher Weise geschehen kann. Es gibt, wie
ich zeigen werde: Zweck-, Stil- und Beziehungszusammenhänge.
1. Der Zweckzusammenhang läßt sich bei weitem am leichtesten
bestimmen. Hier wird die Einheit durch den einheitlichen Zweck ge-
bildet. Alle einzelnen Erscheinungen sind realiter (an sich selbst)
zweckbezogen; alle Handlungen ebenso zweckorientiert.
Beispiele von Zweckzusammenhängen sind: Betrieb, Unter-
nehmung, Konzern, Kartell, Gewerkschaft, Streik (Aussperrung), das
Geldwesen, die Handelspolitik, die „innere Kolonisation‘“ eines
Landes, die Staatswirtschaft.
Erheblich schwieriger zu bestimmen ist:
2. der Stilzusammenhang. Als solchen bezeichne ich
— schlecht! aber ich finde keinen besseren Ausdruck — einen. Zu-
sammenhang, bei dem alle einzelnen Tatbestände zwar nicht zweck-
bezogen, weil kein einheitlicher, gesetzter Zweck vorhanden ist,
aber doch — und zwar auch realiter (an sich selbst) — sinn-
bezogen, die Handlungen also sinnorientiert sind, weil der „Sinn“
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