Full text: Die drei Nationalökonomien

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oinander verwechseln. Es ist möglich, daß nur wenige einen Sinn- 
zusammenhang verstehen, wie die Einsteinsche Theorie oder Nicht- 
Chinesen die chinesische Sprache; es ist möglich, daß einen anderen 
überhaupt kein Lebender versteht, wie die Hettiter-Sprache. Darum 
bleiben es doch verstehbare Zusammenhänge. Das wäre auch für unser 
armes Fach schlimm, wenn die Verstehbarkeit schon da aufhörte, 
wo die Unverständigkeit der Nationalökonomen anfängt! 
Nun aber gibt es doch auch wirkliche Grenzen des Ver- 
stehens. Wir können sie, vom Bereiche des Verstehens aus ge- 
sehen, als solche bezeichnen, die diesem nach unten hin und solche, 
die ihm nach oben hin Schranken setzen. 
Grenzen nach unten hin liegen für das Verstehen zunächst dort, 
wo der Sinn aufhört, obwohl ein Sinn dasein könnte. Weder sind 
sinnlose Zeichen — unzusammenhängende Buchstaben, Worte oder 
Sätze — verstehbar, noch sinnloses Verhalten von Menschen. Das 
heißt num nicht etwa, daß wir nur sinnvolles Handeln oder gar 
nur rationales Handeln verstehen. Wir verstehen vielmehr. auch 
irrationales Verhalten, wenn es sinnbezogen oder sinnbeziehbar ist. 
So etwa eine „Börsenpanik‘“ an einem „schwarzen“ Tage, Oder den 
Taumel der Menschen in einer Haussezeit. Aber völlig sinnloses 
Handeln, bei dem, auch gar keine Beziehung zu einem Sinnzusammen- 
hang ersichtlich ist, verstehen wir nicht. Den Irren verstehen wir 
nicht. Ebensowenig Idiosynkrasien oder „Komplexe‘“: der größte Teil 
der Psychoanalyse (Traumdeutung!) fällt aus dem Bereich des Ver- 
stehens heraus und ist Naturwissenschaft. Überall wo das „Unbe- 
wußte‘ als Erklärungsgrund auftaucht, hört das Verstehen auf. 
Noch weniger vermögen wir dort zu verstehen, wo kein Sinn ist, 
weil kein verstehbarer Sinn da sein kann. Das ist aber überall dort 
der Fall, wo Kultur an Natur stößt, wo natürliche Tatsachen das Ver- 
halten der Menschen beeinflussen. Man beachte wohl: wir verstehen 
die Natur nicht. Das bedeutet selbstverständlich nicht — Gott behüte 
uns vor einem solchen Irrwahne! —, daß wir überzeugt wären, die 
Natur habe keinen „Sinn‘“. Aber ihn zu erfassen, reichen die Erkennt- 
nismittel der Wissenschaft nicht aus. Wer einen „Sinn“ der Natur 
zu kennen behauptet, muß sich bewußt sein, daß ihm dieser Sinn 
durch Offenbarung erschlossen ist.
	        
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