Full text: Die drei Nationalökonomien

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dem Unterschiede zwischen Natur- und Geistwissenschaften Ernst 
machen. In dem Plane seines großen Werkes ist die Behandlung der 
beiden Reiche in zwei besonderen Bänden vorgesehen. 
Einstweilen aber besitzen wir eine geistwissenschaftliche Logik 
nicht. Dieses Urteil könnte unbegründet erscheinen angesichts der 
eifrigen Bemühungen der südwestdeutschen Schule um die Heraus- 
arbeitung einer spezifisch kulturwissenschaftlichen Begriffslehre. Die 
Einseitigkeit dieser Schule, über die ich ausführlich bereits gesprochen 
habe (siehe oben S. 1 68ff.), macht sich aber besonders störend fühl- 
bar bei der Lehre von der Begriffsbildung. Hier wird immer nur der 
Kampf gegen die „Allgemein‘“=,,Gattungs‘“begriffe geführt und die 
Kulturwissenschaft (= Geschichte) als das Herrschaftsgebiet des In- 
dividualbegriffs hingestellt. Als ob mit dieser Gegenüberstellung das 
Wesentliche getroffen wäre! 
So bleibt denn dem Laien nichts übrig, als sich auf eigene Faust 
ain Begriffsgebäude zurecht zu zimmern, von dem ich im folgenden 
den Grundriß mitteile.. 
Worauf es meines Erachtens ankommt, ist nicht die Zuweisung be- 
stimmter Begriffsarten an die beiden Wissenssphären — im beiden 
werden dieselben Begriffsarten verwandt! —, sondern der Nachweis 
der grundsätzlich verschiedenen Begriffsbildung in Natur- und 
(Gjeistwissenschaften, durch die auch der Sinn der Begriffe ein ver- 
schiedener wird. In den Naturwissenschaften erfolgt die Begriffs- 
bildung durch die äußerliche Zuordnung konstanter Merkmale zu 
einem Gegenstande. Das gilt für die Bildung des „Individualbegriffs“, 
wenn man einen solchen für die Naturwissenschaften gelten lassen 
will, nicht minder als für die Bildung der Allgemeinbegriffe, bei 
denen dieses Verfahren in seiner Eigenart besonders deutlich in die 
Erscheinung tritt. 
Daß der Allgemeinbegriff von Naturdingen auf Abstraktion beruhe, 
das heißt durch Weglassen von Merkmalen entstehe, daß also der 
Ausgangspunkt die konkrete Mannigfaltigkeit des Einzelgegenstandes, 
der. Endpunkt der entleerte, inhaltsarme, umfangreiche Gattungs- 
begriff sei, sollte nicht bestritten werden 1%, 
104 Die Einwendungen Bruno Bauchs, Die Idee (1926), 132, beruhen 
auf dem Fehler, daß er seinen Beweis mit mathematischen. Begriffen führt,
	        
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