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der Wirtschaft, wenn wir sie vom Standpunkt einer verstehenden
Nationalökonomie aus erheben. Es ist die. Frage aller Kulturwissen-
schaften und aller Geschichte: ob sie, wenn man sie aus den Schlingen
der Naturwissenschaft befreit, unweigerlich zu dem Allheilmittel der
„Schöpferischen Intuition“ greifen, das heißt dem Irrationalismus
anheimfallen oder zur Metaphysik werden müssen 121,-
Zweifellos gibt es nun einen Weg, um zur Einsicht von Gesetz-
mäßigkeit und Gesetzen im Sinne notwendigen Seins und Geschehens
auch in unserem Kulturgebiet zu gelangen, der an der Metaphysik
vorbeiführt. Wir brauchen uns, um ihn zu finden, nur auf die Tat-
sache zu besinnen, daß wir auch im Bereiche der wissenschaftlichen
Erkenntnis „notwendige“ Wahrheiten besitzen. Es sind die schon
Aristoteles bekannten Verites de raison Leibnizens, das heißt
aber nichts anderes als die Einsichten a priori. Es ist eines der
Verdienste Husser]ls, daß er den Schutt weggeräumt hat, unter dem
diese Erkenntnis Leibnizens begraben gelegen hat. Er macht fol-
gende abschließende Bemerkungen zu diesem Problemi1t?: „Dem
fundamentalen objektiv-idealen Unterschied zwischen Gesetz und
Tatsache entspricht unweigerlich ein subjektiver in der Weise des
Erlebens. Hätten wir nie das Bewußtsein der Rationalität, des Apo-
diktischen erlebt in seiner charakteristischen Unterschiedenheit vom
Bewußtsein der Tatsächlichkeit, so hätten wir gar nicht den Begriff
von Gesetz, wir wären unfähig zu unterscheiden: ‚Gesetz von. Tat-
sache; generelle (ideale, gesetzliche) Allgemeinheit von universeller
(tatsächlicher, zufälliger) Allgemeinheit, notwendige (das heißt
wiederum gesetzliche, generelle) Folge von tatsächlicher (zufälliger,
universeller) Folge... Leibnizens Verit&s de raison sind nichts
anderes als die Gesetze, und zwar im strengen und reinen Sinne der
idealen Wahrheiten, die ‚rein in den Begriffen gründen‘, die uns
gegeben und von uns erkannt sind in apodiktisch evidenten, reinen
Allgemeinheiten, Leibnizens Vörites de fait sind individuelle Wahr-
heiten, es ist die Sphäre der Sätze, welche über alle übrige Existenz
aussagen, mögen sie für uns auch die Form allgemeiner Sätze haben,
wie: ‚alle Südländer sind heißblütig‘.“
721 Siehe die treffenden Bemerkungen bei A. Liebert, a. a. O. S. 48£.
32 Husserl, Logische Untersuchungen 12, 135f£.