Full text: Die drei Nationalökonomien

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Was die Nationalökonomie in dieser Beziehung leisten kann, ist 
folgendes: 
(1.) sie kann zwar keine Antworten geben, aber sie kann Fragen 
stellen und damit auf die Probleme hinweisen, die wichtig 
sind und ihre Zusammenhänge aufweisen; 
(2.) sie kann durch ihr System und seine Begriffe Ordnung in die 
Köpfe der Kunstlehrer und Praktiker bringen: was könnte die 
Privatwirtschaftslehre gewinnen, wenn sie sich zum Beispiel 
gewöhnte, mit der Idee des Wirtschaftssystems zu arbeiten! 
(3.) sie kann durch die Aufweisung der Sinngesetzmäßigkeiten 
dem praktischen Handeln die Grenzen seiner Wirksamkeit 
abstecken. 
Aber — so fragen wir jetzt — ist mit diesen Leistungen die Be- 
deutung der Wirtschaftswissenschaft erschöpft? Reicht diese nur 
soweit, als die Wissenschaft irgendwie — mittelbar oder unmittel- 
bar — für die praktische Gestaltung des Wirtschaftslebens verwend- 
bare Erkenntnis liefert? Damit sind wir vor die Frage nach Sinn 
und Bedeutung der Wissenschaft überhaupt gestellt, eine Frage, 
die in der letzten Zeit wieder mit besonderem Eifer erörtert worden ist. 
Wenn wir nach dem Sinn fragen jener eigentümlichen Geistes- 
haltung, die wir seit der beginnenden neuen Zeit in Europa als 
Wissenschaft kennen, so erinnern wir uns unwillkürlich der Äuße- 
rungen jener Männer, die selbst so viel beigetragen haben, jene ganze 
Entwicklung des europäischen Geistes ins Leben zu rufen, die durch 
ihr Werk der neuen Zeit gleichsam den Stempel aufgedrückt haben, 
jener Worte von Bacon und Descartes, die ich oben angeführt 
habe (siehe S. 8gf.). Sie sind im Laufe der Jahrhunderte in ver- 
schiedenen Fassungen oft wiederholt worden, um zuletzt durch 
Friedrich Nietzsche ihre einseitigste Ausprägung in dem Satze 
zu finden: Wissenschaft ist die bestimmteste Form des Willens zur 
Macht. Auf diesen Gedanken geht die bekannte Einteilung der 
Wissensarten zurück, die noch vor kurzem Max Scheler gegeben 
hats, In dieser weist er der Wissenschaft ganz allgemein die Pflege 
35 Max Scheler, Die Wissensformen und die Gesellschaft. 1926. S. 245f.
	        
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