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wie der Wissenschaft erst dann ganz zu ermessen imstande sein, wenn
wir auch die überindividuellen, „objektiven“ Kulturwerte gewürdigt
haben, die sie hervorbringt oder in sich schließt.
Während wir nün Umschau halten nach diesen objektiven Eigen-
werten der Wissenschaft, werden wir wieder einer Besonderheit der
Geistwissenschaften inne, für die wir im Verlaufe der Darstellung
schon mehrfach Symptome wahrgenommen haben: daß die Geist-
wissenschaften nämlich in ihrer Vollendung niemals nur
Wissenschaft sind, das heißt sich in der Vermittlung von Sach-
wissen erschöpfen, wie es die Naturwissenschaften in reiner Prägung
offenbar tun. Ihr Sinn wird deshalb auch niemals in einer Anhäufung
im Wissen gefunden werden können: ihr Ideal ist niemals die reine
uantität, das bloße Mehrwissen wie bei jenen.
Die Naturwissenschaften, haben wir gesehen, stellen Regeln
auf, die für längere Zeit und für alle Fälle ihres Bereiches Gültig-
keit haben: die einzelne Erkenntnis gewinnt an: Umfang und Tiefe,
die eine reiht sich an die andere, die eine baut sich auf der andern
auf. Das Naturwissen gleicht dem in der Kornkammer aufgeschütte-
ten Haufen, zu dem immer mehr Korn hinzugetragen wird, oder
einem Gebäude, das von Stockwerk zu Stockwerk anwächst, oder, um
einen dritten Vergleich zu machen: die Erfahrungen werden im
Naturwissen kapitalisiert, wie Nietzsche es ausdrückt. Das Natur-
wissen, das auf Quantifizierung ausgeht, ist selbst quantifizierbar: man
weiß heute „mehr“ als früher und wird morgen „mehr“ wissen als
heute. Deshalb kann man auch mit gutem Fug in den Naturwissen-
schaften von einem „Fortschritt“ reden. Daß das Wissen kein Wesens-
wissen, sondern nur ein Regelwissen ist. macht diesen ‚Fortschritt‘
möglich.
Die Geistwissenschaften können dieses Ideal schon deshalb nicht
haben, weil ihr Gegenstand unausgesetzt wechselt: sei es infolge einer
tatsächlichen Neugestaltung des Lebens, wie etwa in einer Wissen-
schaft von der Wirtschaft, sei es infolge einer Umstellung der Er-
eignisse wegen des veränderten Blickpunktes des Betrachters. (Soweit
diese Bedingungen für die Naturwissenschaften zutreffen, was jedoch
selten der Fall ist, gilt für sie dasselbe, was ich für die Geistwissen-
schaften feststelle.) Deshalb kann man auch nicht sagen, daß eine
Somhart, Die drei Nationalökonomien 99