Full text: Die drei Nationalökonomien

62 
Sein die Pforte zu öffnen zum Sollen.“ Und weiter heißt est: „Die 
ethische Norm ist nichts anderes als der ‚Ausdruck‘ des Seins. Die 
Ethik ist somit die einfache Interpretation des Seins, dessen Auslegung 
und sachgehaltige Ausdeutung. Die stilhafte Struktur der Sachverhalte 
ergibt die Struktur der Sollensverhalte. Die Ethik gehört.so materiell 
zum logischen Selbstgehalt der Dinge. Die Seinsbereiche enthalten 
eine intentionale Verweisung auf die Norm, Die Ethik ist daher ein- 
fache Metalogik; sie ist ständig geführt vom Sein, die Norm die 
getreue Nachfolgerin der gegenständlichen Sache; die Ethik wandelt 
unentwegt in den Pfaden und Spuren, welche die Ontologie gebahnt 
hat... Die Ethik ist mithin einfach die Hermeneutik des Seins.“ 
Und noch einmal in der scholastischen Sprachweise ausdrücklich ®: 
„Das Wesen der Gutheit besteht in der ‚perfectio‘. Jedes Seiende, 
insoweit es seiend ist, trägt... soviel appetible Werte in sich, als 
es intelligible Entitäten in sich birgt. Daher richtet sich nach dem 
qualitätiven Seinsgehalt der Dinge die Welt der Werte; Wirklichkeit 
und Wert ... korrespondieren wie Korrelate.“ 
In diesen Zusammenhang gehört aber auch die Beweisführung 
Othmar Spanns. Sie läuft doch — trotz seiner Umkehrung des 
thomistischen Satzes: Sein ist vor Sollen —, auf dasselbe hinaus. 
nämlich auf die Behauptung einer Identität von Sein und Sollen. Diese 
wird ebenfalls wie bei den Scholastikern durch den Begriff der „Per- 
fectio‘, der Vollkommenheit hergestellt. „Ganzheitliches Sein, heißt 
es bei Spann”, ist seinem Begriffe nach kein leeres Sein, sonderr stets 
nur sinnerfülltes Sein. Gibt es aber kein Sein schlechthin, kein leeres 
Sein, sondern nur erfülltes, und zwar mit dem sinnvollen Inhalte 
der jeweiligen Ganzheit erfülltes Sein; dann kann es auch nur auf 
Grund von Vollkommenheit Sein und dessen Weisen geben.‘ Nach 
diesem Gedankengange „ist Vollkommenheit vor Sein; und weit ent- 
fernt, daß die Verwirklichung des Gesollten ein Widersinn wäre, wie 
Cohen und seine Schule behaupten, gilt: daß jedes Sein die Ver- 
wirklichung von Gesolltem ist... Für die Verfahrensfrage ist nun 
maßgebend, daß das Vollkommene. aus dem sich Sollen, Gelten. Wert 
®% Joh. Haeßle, a. a. 0.8. IX. 
% Joh. Haeßle, a. a. 0. S. 15. 
7 Othm. Spann, Kategorienlehre., 1924. S. 332£.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.