Full text: Die Meistbegünstigung im modernen Völkerrecht

14 
. II, Begriff der Meistbegünstigungsklausel. ‘. 
begünstigungsklausel ausdrücklich stipuliert wird, würde zwar an sich 
noch keinen Bruch mit der vom obersten amerikanischen Gerichtshof! 
vertretenen Auffassung, daß grundsätzlich mangels einer besonderen 
Vereinbarung die Meistbegünstigungsklausel bedingt gewollt sei, be- 
deuten. Es stellt jedoch gerade diese Auffassung auch auf die konse- 
quente handelspolitische Tradition der Vereinigten Staaten ab. So heißt 
es in einem Urteil des obersten amerikanischen Gerichtshof vom Jahre 
18881; 
» «+ It would require the clearest language to justify a conclusion 
that our Government intended to preclude itself from such engagements 
(Gewährung von Sondervorteilen) with other countries which might in 
the future be of the highest importance to its interests.“ 
So ist wohl anzunehmen, daß, nachdem die Vereinigten Staaten 
mit ihrer handelspolitischen Tradition gebrochen haben, auch die 
amerikanische Rechtsprechung dieser neuen Situation Rechnung tragen 
wird. 
2. Daß der verpflichtete Staat, der einem dritten Staate eine Zoll- 
ermäßigung gegen ein entsprechendes Zollzugeständnis gewährte, die 
Erfüllung des unbedingt&n Meistbegünstigungsanspruches von einem 
gleichartigen Zollzugeständnis nicht abhängig machen kann, steht fest. 
Der verpflichtete Staat hätte sonst die Möglichkeit, durch ein Zoll- 
gesetz, welches Zollvergünstigungen nur unter der Voraussetzung ge- 
wisser Gegenleistungen gestattet, die unbedingte Meistbegünstigungs- 
klausel in eine bedingte Meistbegünstigungsklausel (Reziprozitätsklausel) 
zu verwandeln. Er kann daher grundsätzlich die Erfüllung der Meist- 
begünstigungsverpflichtung auch nicht davon abhängig machen, daß 
seine Waren vom berechtigten Staat nicht diskriminiert werden. 8 10 
des Zolltarifgesetzes vom 25. Dez. 1902 RGBl. S. 303 bestimmt zwar: 
„ZoNpflichtige Waren, die aus Ländern herstammen, in welchen 
deutsche Schiffe oder deutsche Waren ungünstiger behandelt werden 
als diejenigen anderer Länder, können neben dem tarifmäßigen Zoll- 
satz einem Zollzuschlage bis zum doppelten Betrage dieses Satzes, 
also bis zur Hälfte des vollen Wertes unterworfen werden.“ 
Diese Ermächtigung entbindet jedoch nicht von bestehenden Meist- 
vegünstigungsverpflichtungen. 
Ein entsprechender Vorbehalt zugunsten vertraglicher Abmachungen 
findet sich für den Fall des Abs. 2 $ 10: 
„Auch können, soweit nicht Vertragsbestimmungen entgegen- 
stehen, ausländische Waren denselben Zöllen und Zollabfertigungs- 
1 Reciprocity Treaties, Senate Document a, a. O0. -— Ferner die Zitate bei 
BASDEVANT: La Clause de la Nation la plus favorisee, Repertoire du Droit Inter- 
national, III. 19209.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.