24 IIT, Die Voraussetzungen des Meistbegünstigungsanspruchs,
von einem Staate, der der Union nicht angehört, auf Grund der Meist
begünstigungsklausel nicht beansprucht werden können.
Nach der herrschenden Lehre! soll dies nur für die sogenannte ‚,voll-
kommene Zollunion‘ gelten, bei der im Gegensatz zur „unvollkom-
menen Zollunion‘“ die Zwischenzollinien an den gemeinsamen Grenzen
der Unionsstaaten beseitigt sind. Dieses Moment bedeutet ein wesent-
liches Hindernis für die Bildung von Zollunionen überhaupt. Die „un-
vollkommene Zollunion‘“ ist nämlich unter Umständen die unvermeid-
liche Übergangsstufe zur „vollkommenen Zollunion‘, die ohne allzu ge-
waltsame Erschütterungen der nationalen Wirtschaft nur durch lang-
samen kontinuierlichen Abbau der Zwischenzölle erreicht werden kann.
Wenn nun sämtlichen Staaten, mit denen Meistbegünstigungsverträge
bestehen, das Recht zuerkannt wird, sich (einseitig !) in die „unvoll-
kommene Zollunion‘“ einzuschalten, wird sich kaum ein Staat zum Ab-
schluß einer solchen entschließen. Außenstehende Staaten stehen natur-
gemäß der Bildung der Union nicht wohlwollend gegenüber und werden
lie Möglichkeit, diese zu verhindern, nur ungern aus der Hand geben,
Die beschriebene Unterscheidung zwischen „Vollkommener‘“ und
‚unvollkommener‘““ Zollunion ist besonders von Österreichischen Au-
toren? wiederholt kritisiert worden. Indem sie davon ausgehen, daß un-
bestritten auf Grund der Meistbegünstigungsklausel die berechtigten
Staaten aus der totalen Beseitigung des Zwischenzolles Rechte nicht
für sich herleiten können, schließen sie a majore ad minus, daß sie sich
erst recht nicht auf eine bloße Herabsetzung der Zwischenzollsätze be-
rufen könnten. Dies ist m. E. im Ergebnis richtig, in der Schlußforde-
rung fehlt jedoch ein wesentliches Glied. Die Anwendung des Schlusses
a majori ad minus setzt voraus, daß die „Vollkommene Zollunion“ sich
von der „unvollkommenen Zollunion““ nur graduell, nicht qualitativ
unterscheidet. Dies wird von der „a-majore-Lehre‘“ als selbstverständ-
lich unterstellt, während gerade die herrschende Lehre von dem Gegen-
1 FArra: a. a. 0. S. 97 ist der Ansicht, daß die Meistbegünstigungsklause] sich
grundsätzlich auch auf diese Vorteile erstreckt. Er gibt andererseits zu, daß es ein
unhaltbares Ergebnis wäre, wenn alle meistbegünstigten Staaten von Frankreich
die Vorteile, die es Monaco gewährt, hätten verlangen können. Er schlägt daher
vor, „d’adopter en cette mati&re la Politique americaine et la theorie de la r&ci-
Procit6: seront admis par le jeu de la clause de la nation la plus favorisge au bEne-
fice des stipulations, faites avec les pays de l’union douanikre ceux, qui donneront
au pays concedant les m&mes avantages que ceux avec qui il a fait cette union
douaniere.‘ Dies scheint wenig konsequent, nachdem er kurz zuvor auf S. 87 die
amerikanischä Auslegung der Meistbegünstigungsklausel wie folgt charakterisiert
bat: „C’est 14 une entorse violente donnege au Principe essentiel de la clause de la
nation la plus favorisge, qui est celui de Vextension inconditionelle.‘‘ Vgl. ferner
Bosc:a. a. O. S. 77.
* v. BATTAGLIA: S. 66, SCHILDER: Meistbegünstigung und Zollbevorzugung.
Zeitschrift für Völkerrecht 1920. S. 291; RızpL: a.a. O0. S. 94.