Full text: Die Meistbegünstigung im modernen Völkerrecht

34 V. Besonderheiten der bedingten Meistbegünstigungsklausel, 
Art.9: „Die Hohen kontrahierenden Teile erklären, daß sie die in 
dem gegenwärtigen Vertrage gegenseitig gemachten Zugeständnisse 
als verabredet betrachten, um in deren ganzen Zusammenhang als 
Vergeltung für durch solche Verträge erworbene Vorteile zu dienen, 
und daß sie mithin jene Zugeständnisse in Erwiderung dieser Vorteile 
eingeräumt haben ...“ 
Selbst aber wenn das Entgelt des meistbegünstigten Staates für einen 
Sondervorteil eindeutig bestimmt ist, z. B. als Ermäßigung einer be- 
stimmten Zollposition, so hat doch die gleiche Zollermäßigung durch 
den berechtigten Staat für den verpflichteten Staat nur dann den 
gleichen Wert, wenn der verpflichtete Staat ihm gegenüber die gleichen 
Exportinteressen hat. Man wird jedoch mangels besonderer Anhalts- 
punkte immerhin davon ausgehen können, daß der meistbegünstigte 
Staat den Sondervorteil für ein äquivalentes Zugeständnis erhielt. Der 
bedingt berechtigte Staat, der ebenfalls für den Sondervorteil ein diesem 
gleichwertiges Zugeständnis anbietet, hat demnach auch die Bedingung 
seines Meistbegünstigungsanspruchs erfüllt. Dem entspricht auch die 
Fassung der Reziprozitätsklausel im Handelsvertrag zwischen Argentinien 
und Preußen bzw. den übrigen Staaten des Zollvereins vom T9. Sept. 1857, 
Preuß. GS. 1859, S. 405: 
Art. 3: „Die beiden vertragschließenden Teile kommen darin über- 
3n, daß jede Begünstigung und Befreiung, sowie jedes Vorrecht und 
jede Immunität in Handels- und Schiffahrtsangelegenheiten, welche 
ainer derselben den Untertanen und Bürgern einer anderen Regierung, 
eines anderen Volkes oder Staates gegenwärtig bereits zugestanden 
hat oder künftig zugestehen möchte, bei Gleichheit des Falles und der 
Umstände auf die Untertanen und Bürger des andern Teiles aus- 
gedehnt werden soll, und zwar unentgeltlich, wenn das Zugeständnis 
an jene andere Regierung, Volk oder Staat unentgeltlich gemacht 
wurde, oder gegen Leistung einer entsprechenden Ausgleichung, wenn 
das Zugeständnis bedingungsweise erfolgt war ...“ 
Ob der geforderte Vorteil dem dafür angebotenen Vorteil gleichwertig 
ist, ist nach Treu und Glauben zu bestimmen. 
Die materielle Rechtslage ist somit an sich ganz klar. Die Möglichkeit 
der Festsetzung des Äquivalents nach Treu und Glauben würde auch auf 
dem Gebiete des Privatrechts eine ausreichende Garantie für die Rechts- 
sicherheit bieten (vgl. 8 315{f. BGB.). 
Da aber hier die Festsetzung des Äquivalents endgültig durch die 
Parteien selhst erfolgt. ist der bedingt berechtigte Staat auf die 
* Vgl. das oben S.ı2 zitierte Schreiben des Staatssekretärs SHERMAN an 
BUCHANAN: „What will be an equivalent compensation is to be honorably determined 
by the government concerned. So many considerations have necessarily entered 
'nto such special concessionary agreements. that no universal rule can be applied.“
	        
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