Full text: Die Meistbegünstigung im modernen Völkerrecht

$ ı3. Grundsätzliche Geltung. 
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Art. II des Handelsvertrags zwischen dem Deutschen Reich und Ecuador 
vom 28. März 1887, RGBI. 1888, S. 136: 
„Die beiden vertragschließenden Teile sind einverstanden, daß 
sie sich gegenseitig in Handels-, Schiffahrts- und Konsularsachen 
dieselben Rechte und Vorteile zugestehen wollen, welche der meist- 
begünstigten Nation eingeräumt sind oder in Zukunft eingeräumt 
werden sollten.“ 
Vgl. ferner Handelsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und San Sal- 
vador vom 14. April 1908, RGBI. 1909, S. 405: 
„Die vertragschließenden Teile verpflichten sich, sich gegenseitig 
die Behandlung der meistbegünstigten Nation in Handels-, Schiff- 
fahrts- und Konsularsachen zu gewähren; behufs dessen versteht es 
sich, daß jede Art von Recht, Freiheit oder Vorteil, die einer von 
ihnen einer dritten Nation gewährt, durch die Tatsache selbst den 
anderen Vertragsteilen zugestanden wird.“ 
Sind die Handelsbeziehungen engere, so entsteht die Frage, ob bestimmte 
Umstände die Versagung der Meistbegünstigung rechtfertigen. Sie wird 
selbst bei gleicher Sachlage doch nicht immer gleich beantwortet werden. 
Die Parteien ignorieren derartige Umstände z. B. eher, wenn der baldige 
Abschluß eines Handelsprovisoriums notwendig wird. In diesem Falle 
dient die Meistbegünstigungsklausel häufig als ein Notbehelf; denn sie 
erscheint prima facie als die billige Grundlage für die Handels- 
beziehungen zwischen zwei Staaten. Die Meistbegünstigungsklausel soll, 
wie RızpL?! bezeichnend sagt, „ein handelspolitisches Anstandsverhält- 
nis‘ herstellen. Man sieht, daß die Meistbegünstigungsklausel geradezu 
als ein Postulat der handelspolitischen Moral empfunden werden kann. 
So: forderte auch der Präsident Wilson in seinem Programm für den 
Weltfrieden, welches er am 8. Jan. 1918 vor dem Kongreß in Washington 
antwickelte, als einen der vierzehn Kardinalpunkte: 
III. „... die möglichste Beseitigung aller wirtschaftlichen Schran- 
ken und die Möglichkeit einer Gleichheit der Handelszustände für alle 
Nationen, die dem Frieden beitreten und sich zu seiner Aufrechterhaltung 
verpflichten *.“‘ 
1 RızpL: a. a. O. S. 36; vgl. ferner v. TEUBERN: a. a. O. S. 75. 
2? WıLsoNn hat dieses Programm als das für den Weltfrieden einzig mögliche be- 
zeichnet. Dennoch erzwangen die Alliierten im Versailler Friedensvertrag von 
Deutschland das Versprechen der einseitigen Meistbegünstigung für die Dauer von 
({ünf Jahren. Vgl. Versailler Friedensvertrag Teil 10, Abschnitt I, Kapitel 1: Zoll- 
regelung, Zollabgaben und Zollbeschränkungen, Art. 264 —67, insbesondere Art. 267: 
„Toute faveur, immunite ou privilege concernant l’importation, l’exportation ou 
le transit de marchandises, qui serait concede par l’Allemagne & l’un quelconque 
des Etats allies ou associes ou & un autre pays etranger quelconque, sera simultane- 
ment et inconditionellement, sans qu'il soit besoin de demande ou de compensation, 
tendu A tous les Etats allies ou associes.‘“ Zum Vergleich sei auf den Frankfurter
	        
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