Full text: Deutscher Industrie- und Handelstag

schaft bei gleichzeitig wachsendem Vertrauen des Auslands, das z. B. 
in amerikanischen Anleihen für größte deutsche Unternehmungen 
und in Kurssteigerungen zum Ausdruck gekommen ist. 
Freilich hat diese Zinssenkung vorläufig das Gebiet 
der langfristigen Kapitalanlage nur wenig berührt. 
Die Ansätze der Besserung müssen daher sorglichst 
gepflegt werden. Uberstürzte und gehäufte 
Neuemissionen, insbesondere der öffent— 
hbichen Stellen, würden solche Ansätze bald, 
wie es Anfang 1927 der Fall war, erst icken. Dazu muß 
auch die Gesetzgebung helfen durch Aufhebung der Kapital— 
ertragsteuer und steuerliche Ermöglichung von Invest- 
mentgesellschaften, nicht zuletzt zugunsten solcher Betriebe, 
die nicht selbständig an den internationalen Kapitalmarkt gehen 
önnen. 
Immerhin bedeutet die starke Senkung der ausländischen Zins— 
sätze angesichts unserer hohen kurzfristigen Auslandsverschuldung 
schon jetzt eine nicht unerhebliche Verminderung der ausländischen 
Zinslast. Dabei ist der gewaltige 
Rückgang internationaler Rohstoffpreise 
nicht ohne eine wahrscheinlich doppelsinnige Bedeutung. Sank doch 
vom ersten Vierteljahr 1928 bis zum Februar 1930 der Preis für 
Wolle, Flachs, Kautschuk um 50 oder fast 50 v. H., für Silber, 
Zinn, Zink um etwa 25 v. H. Das bewirkt einmal eine erhebliche 
Ersparung an Einfuhraufwand, sodann eine Verkleinerung der 
Beld- und Kreditbeanspruchung zur Bewältigung der Umsätze und 
wirkt damit in der Richtung der Zinssenkung. Anderseits bewirkt 
der Preissturz wirtschaftliche Depressionen für weite Teile 
der Erde, die zwar selbst wieder eine weiterwirkende 
Ursache für den niedrigen Zinsstand bilden, zum 
anderen freilich auch die Aufnahmefähigkeit großer Rohstoffländer 
für unsere Ausfuhr erheblich mindern. Noch ist das Ende dieses 
Umschwungs, noch seine tieferliegende Natur nicht abzusehen. Noch 
stehen Not aus Überfluß in jenen Rohstoffländern, für die 
die Bewältigung reicher Ernten die schwerste Sorge ist, und Not 
aus Mangel in Ländermn irregehender oder schwacher zerklüfteter 
Staatskraft, wie in Rußland und China, anklagend nebeneinander. 
Möglicherweise bahnt sich damit eine Umlagerung wirtschaftlicher
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.