Full text: Der Weltmarkt 1913 und heute

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Nahrungsmittel- und Rohstoifexporteurs spielen wollen und es ist 
niemals ein Zeichen sich verringernder Kultur, sondern steigenden 
Kulturehrgeizes gewesen, wenn die Verarbeitung und Verfeinerung 
der Erzeugungen im eigenen Territorialbereiche erstrebt worden ist. 
Die Ausweitung des allgemeinen weltwirtschaftlichen Reichtums, 
welche im Laufe des 19. und in den ersten 14 Jahren des 20. Jahr- 
hunderts durch diese Entwicklungen über See erzielt worden ist, 
kam in Form einer allgemeinen Bedarfssteigerung dieser Gebiete 
auch den alten industriellen Kulturländern zugute und es dürfte 
kaum irgendein Staat in der damaligen Zeit den Wunsch gehegt 
haben, den Fortschritt der neuen Länder irgendwie zurückgeschraubt 
zu sehen, 
Anders freilich wird diese Lage, wenn der „Fortschritt“ der über- 
seeischen Gebiete durch besondere, die normale Entwicklung über- 
fNügelnde, ja sie revolutionierende Ereignisse überspannt wird und 
gleichzeitig das Äquivalent dieser Entwicklung für Europa ver- 
schwindet. Der Krieg und die Nachkriegsereignisse haben der Ent- 
wicklung überseeischer Industrien nicht nur einen Anreiz gegeben, 
der weit über das Maß der bisherigen normalen Entwicklung hin- 
ausging, dessen Wirkung dann noch durch besondere Mittel staat- 
licher Fürsorge perpetuiert worden ist, sondern sie haben gleich- 
zeitig auch den Ausgleich dieser Entwicklung für die europäische 
Exportfähigkeit dadurch inhibiert, daß sie eine allgemeine Schwä- 
chung der weltwirtschaftlichen Kaufkraft brachten. Die stärkere 
Selbsterzeugung der überseeischen Länder und ihre wachsende In- 
dustriekonkurrenz auf dritten überseeischen Gebieten konnte also 
von Europa nicht dadurch wettgemacht werden, daß seine Industrie 
nunmehr in den ihr liegenden Erzeugungen verfeinerter Qualität einen 
Ersatz gefunden hätte, Hierin liegt der Schwerpunkt und das Neue 
der Entwicklung. Es handelt sich heute tatsächlich um eine Ver- 
schiebung der internationalen Absatzverhältnisse zu Ungunsten 
Europas, nicht um eine bloße Veränderung derselben. 
Freilich ist diese Verschiebung in dem für Europa ungünstigen 
Sinne durch das für heute entworfene Bild nicht endgültig bezeich- 
net. Wir sind mitten in einer Zeit, in welcher europäische Industrie- 
länder zum Teil mit großem Erfolg um die Wiedereroberung dritter 
Märkte kämpfen. Daß hierin die deutsche Industrie einen beträcht- 
Die Nachteile für Europa a
	        
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