Full text: Der Weltmarkt 1913 und heute

80 Ungünstige Position Europas 
Opferwilligkeit aufgenommen, wie es beim Schutz heimischer Fa- 
brikationen der Fall zu sein pflegt, ganz besonders, wenn damit 
argumentiert wird, daß diese „nationalen“ Industrien die Unabhän- 
gigkeit von fremder Luxuseinfuhr gewährleisten. Der Zoll auf Fa- 
brikate wird auch in den arbeitenden Klassen nicht selten als ein 
Schutz der nationalen „Arbeit“ aufgefaßt, der Zoll auf Lebensmittel 
wird von ihnen begreiflicherweise nur unter dem Gesichtspunkt des 
Konsums gewertet. Wollten die europäischen Staaten die handels- 
politische Abwehr ihrer Erzeugnisse auf überseeischen Märkten mit 
erhöhten Zöllen auf unentbehrliche Lebensmittel und Rohstoffe 
„beantworten“ (die Einführung solcher Zölle aus anderen Gesichts- 
punkten heraus wird von dieser Frage unberührt), so würden sie 
sich nur ins eigene Fleisch schneiden. Die Konsumenten übersee- 
ischer Länder aber haben sich anläßlich der Kriegsteuerung so sehr 
an die Preiserhöhung der industriell erzeugten Fabrikate gewöhnt, 
daß ihnen die Fortsetzung eines Teils dieser Teuerung durch Zölle 
zum Schutz der einmal entstandenen Industrien gar nicht so un- 
billig erscheint. 
Damit erscheint also von vorneherein auch die handelspolitische 
Situation der alten Kulturländer und die Möglichkeit, die Einengung 
des überseeischen Marktes ihrerseits durch zollpolitische Mittel aus- 
zugleichen, die eventuell zu einer reziproken Verringerung der dor- 
tigen Barrieren führen könnten, überaus ungünstig. Wie ist nun aber 
die Stellung derselben gegenüber den industriellen Neuländern auf 
dritten Märkten? 
Diese Frage ist eine der wichtigsten der ganzen Betrachtung der 
heutigen Weltmarktsstruktur. Sie sucht die Antwort darauf, inwie- 
weit es unter den Einflüssen des Krieges und seiner Nachzeit den 
industriell profitierenden Neuländern gelungen ist, über die gestei- 
gerte Selbstversorgung hinaus an die Eroberung fremder Märkte 
heranzutreten und sich auch späterhin auf diesen gegenüber den 
alten europäischen Konkurrenten zu behaupten. Läßt sich die Ent- 
guropäisierungstendenz auch hier, also nicht nur zwischen den über- 
seeischen Ländern und der alten, von ihr in erster Linie mit Nah- 
rungsmitteln und Rohstoffen versorgten Welt, sondern auch auf 
dritten, ihrer beiderseitigen Konkurrenz ausgesetzten Märkten kon- 
statieren ?
	        
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