Bei Sonnenuntergang erreichten wir Asmara. Die Stadt
ist nicht groß, aber sie gewährt den Kolonial⸗Italienern einige
der Annehmlichkeiten städtischen Lebens. Mehrere Straßen
mit Fußwegen — ein Luxus für Afrika — führten auf die
Viale Mussolini. An einem Ende dieser breiten Straße
steht das Gouvernementsgebäude und am anderen die
Kathedrale. Der Justizpalast und eine von Asmaras drei
Banken befinden sich an der Piazza Roma. Im Sommer
sind die beiden Hotels wahrscheinlich überfüllt, weil Asmara
mit seiner 2280 Meter hohen Lage einen Höhenkurort dar⸗
stellt, zu dem die Europäer aus dem heißen Tieflande hinauf⸗
flüchten. Einige Engländer aus dem Süden fühlten sich hier
wohl wie im Himmel. Ich kam am letzten Tage des Jahres
an, als die europäischen Besucher fast alle wieder verschwun⸗
den waren. Im Speisesaal des Regierungshotels, dem
Hamasien, waren außer mir nur zwei Personen anwesend.
Gouverneur Zoli empfing mich sehr herzlich. Während
der zweistündigen Unterhaltung zwecks Festlegung meiner
Reiseroute erfuhr ich so nebenbei allerhand Interessantes
über äthiopische Politik, was mir während meines Aufent⸗
haltes in Abessinien nicht bekanntgeworden war. Gouver⸗
neur Zoli bezweifelte, ob die Route über Adua und Aksum,
die heilige abessinische Stadt, nach Gondar bei den un—
ruhigen Verhältnissen in den nördlichen Provinzen genügend
Sicherheit böte. Der beste Weg, der eine interessante Reise
durch Erythräa mit einem sicheren Eintritt in Abessinien
verbinden würde, führe durch Agordat an der Barea. Dort
befände ich mich inmitten eines Gebietes der Baumwoll⸗
kultur, die mit ausgezeichnetem Erfolge eingeleitet sei und
eine reiche Entwicklung verspräche. Von hier aus könnte ich
den Cunama⸗ und Bareadistrikt besuchen und bei der Grenz⸗
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