Full text: Durch Abessinien und Erythräa

Stationen und purpurrotem Weinlaub. Hin und wieder 
passierte der Zug dichte Wälder, in denen die Dumpalme mit 
ihrem üppigen Wuchs auffiel. Den „Baum Gottes“ nennen 
die Eingeborenen sie, und zwar durchaus mit Recht, da er 
so viele ihrer Bedürfnisse befriedigt. Seine Rinde, mit Rohr 
verflochten, wird zum Hüttenbau verwendet, Tauwerk aus 
seinen Fasern ist stärker als die für Stühle und Hänge— 
matten verwendete Rotangpalme. Feinere Fasern werden 
zum Flechten von wasserdichten Körbchen benutzt, aus noch 
feineren webt man Teppiche, Matten und Säcke. Aus 
seinen harten Früchten, der Steinnuß, werden Knöpfe ge— 
macht, aber die am weitesten oben sitzenden Nüsse sind, wenn 
sie stark geschält werden, weich genug, um gegessen zu wer⸗ 
den. Der Duft ihres faserigen Fleisches erinnert an süße 
Kartoffeln. Seit kurzem hat das italienische Gouvernement 
eine Strafe auf das Fällen dieses Baumes gesetzt, so wert— 
voll ist er für die Gegenwart und auch als Aktivposten für 
den sich entwickelnden Handel der Kolonie. 
Agordat ist Endstation der Bahn nach Massaua. Eine 
Reihe von Bergen erhebt sich über der Stadt. Ein Ge— 
fallenendenkmal berichtet dem Fremden, daß er auf geschicht 
lichem Boden steht. Hier haben im Jahre 1893 von italieni— 
schen Offizieren geführte Eingeborenentruppen Erythräa aus 
der Hand der Derwische befreit. 
Oberst Pizzolati, Kommissar der wichtigsten Provinzen 
Erythräas, Barea, Gasch und Setit, nahm mich sehr liebens⸗ 
würdig auf. Er erwies sich als reizender und kenntnis— 
reicher Gastgeber während meines einwöchigen Aufenthalts 
in der Stadt. Der erste Abend hatte einen festlichen 
Charakter. „Unsere Eingeborenen fangen an, Touristen an⸗ 
zuziehen“, sagte er und erzählte mir, daß die erste Gruppe 
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