Reisen im Mondlicht mußte nicht nur sicherer, sondern zu—
gleich sehr angenehm sein. Aber als ich diesen Plan faßte,
hatte ich nicht mit meiner Eskorte gerechnet. Als er meine
Vorbereitungen für den Aufbruch sah, erhob er nicht nur
Einwendungen, sondern verriet zuletzt auch den wirklichen
Grund für seine Anwesenheit. „Ich kann nicht erlauben,
daß Sie heute abend die Weiterreise antreten“, sagte er,
„ebensowenig morgen, und vielleicht nicht einmal in den
nächsten Tagen. Ich habe mich mit Lidj Derwew in Ver—
bindung gesetzt, um zu erfahren, ob ich Sie überhaupt
weiterziehen lassen darf. Ich weiß nicht, wann seine Ant—
wort eintreffen wird. Es kann vielleicht länger dauern, da
in diesen Tagen die Fantasia' zur Feier der Christianisie⸗
rung stattfindet.“
Ich war verhaftet. Nochmals machte ich den Versuch,
meine Dokumente wirken zu lassen. Ich fügte noch eine
Photographie hinzu, die Belatan-Geta Herouy mit seiner
Namensunterschrift versehen hatte, aber alles ohne Erfolg.
Ich mochte einen vom Negus genehmigten Paß vorzeigen,
Briefe des Gouverneurs der wichtigsten Provinz Athiopiens
und auf freundlichem Fuße stehen mit dem Leiter der aus—
wärtigen Politik des Reiches — Mangustu handelte auf
Grund von Befehlen eines Ras, der in unserer Nähe resi⸗
dierte, eines Teilfürsten, für den eine in Addis Abeba
erteilte Erlaubnis nicht eben viel bedeutete. Ich erkannte
an dieser Haltung, daß die Zeiten Meneliks, desfen eiserne
Hand sich in allen Gebieten des Reiches durchgesetzt hatte,
tatsächlich vorbei waren.
Ich zog mich zurück und überlegte andere Pläne, und zwar
ziemlich verzweifelte. Er hatte schließlich nur acht bewaffnete
Männer bei sich und ich deren sechs. Außerdem besaß ich
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