Full text: Durch Abessinien und Erythräa

Nonne mit einem faltigen und gelblichen Gesicht unter ihrer 
weißen Kappe. 
Unser letztes Lager vor Gondar war in der Nähe einer 
Gruppe von Tukuls aufgeschlagen worden. Ein alter 
blinder Mann, den Efendi herzlich begrüßte, wurde aus 
einer der Hütten zu uns geführt. „Er ist ein heiliger Mann 
und kennt meine Mutter“, sagte Efendi, „soll er Ihnen 
etwas vorsingen?“ Der Greis verfügte über einen infolge 
seines Alters etwas brüchigen Bariton, der früher sicherlich 
schön gewesen war. Sein Gesang hatte herzbrechende 
Töne, die mich an den hebräischen Kol Nidre erinnerten. 
Ich erfuhr erst später, daß der Mann zum Stamm der 
Falascha gehörte. 
Am nächsten Morgen ritt ich weiter, und zwar ging es 
ziemlich flott vorwärts, weil ich ein frisches Maultier be⸗ 
nutzen konnte, daß der umsichtige Konsul mir geschickt hatte. 
Am Nachmittag genoß ich den ersten Anblick der noch ziem— 
lich weit entfernten alten Hauptstadt. Auf den Spitzen der 
Bergkette vor mir erhoben sich die Ruinen des alten 
Gondar und die Tukuls und kleinen Hütten der neuen Stadt 
mit den dazwischenliegenden freundlichen Baumgruppen. 
Gondar 
Die alte Hauptstadt und ihre Geschichte — Das italienische Konsulat 
— Fitaurari Yemer — Ruinen alten Glanzes — Die moderne Stadt 
— Alle und neue Kirchen — Die Handwerker von Gondar — Markt 
Mẽ meiner Ankunft in Gondar befand ich mich im 
innersten Herzen des wirklichen Abessinien. Addis 
Abeba ist neu geschaffen, kaum ein Dritteljahrhundert alt 
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