Full text: Durch Abessinien und Erythräa

Während mehrerer Stunden war kein Anzeichen von ihnen 
zu sehen, dann tauchte an einer Wegbiegung ein Maultier 
auf, das vor Ermattung stolperte. Der Reiter war eine in 
Khaki gekleidete Gestalt, an deren Helm ein Schleier von der 
Art, wie man es auf alten Bildern von Entdeckungsreisen— 
den zu sehen gewöhnt ist, flatterte. Wir machten uns durch 
Rufen bemerkbar und gaben unseren Reittieren die Sporen. 
Als wir näher herankamen, rief der Ankömmling: „Die 
übrigen sind noch beim Fluß, sie haben Schwierigkeiten beim 
Uberschreiten.“ 
Es war Mrs. Porta, die englische Frau des italienischen 
Konsuls in Addis Abeba. Ihr Gesicht war abgehärmt und 
von Insekten zerstochen. Man konnte in ihr kaum die 
Dame wiedererkennen, die ich zwei Monate früher in Addis 
Abeba gesehen hatte. 
Baur blieb bei ihr. Der Konsul und ich ritten den Ab— 
hang hinab, um den anderen, deren Maultiere sich durch den 
Fluß hindurcharbeiteten, zu helfen. Ich war erschrocken beim 
Anblick von Mrs. Porta, aber das Bild, das Frau Prüfer 
darbot, erschütterte mich so, daß ich bei der Begrüßung nicht 
fähig war, ein Wort hervorzubringen. Die kleine schlanke 
Frau, Mitte der Zwanzig, mit zarter, rosiger Gesichtsfarbe, 
meine reizende Gastgeberin in Addis Abeba, war jetzt toten— 
blaß und abgemagert, ihre Augen blickten trübe, als ob sie 
eine monatelange Krankheit hinter sich hätte. Prüfer und 
Porta hatten die Beschwernisse der Reise besser überstanden 
als ihre Frauen, aber auch sie waren abgemagert, und ihr 
Anblick verriet, daß es ihnen sehr schlecht ergangen war. 
Wir konnten zuerst überhaupt nicht sprechen. Als wir 
schließlich anfingen, uns zu unterhalten, redeten wir nur 
über die Nahrungsmittel, die wir unter Bäumen ausge— 
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