Full text: Durch Abessinien und Erythräa

stehen Hebräisch. Daß die Falaschas unter diesen Umständen 
ihre alte Überlieferung so lange unverändert lebendig er— 
halten haben, erscheint einigen Forschern allzu sonderbar, um 
wahr zu sein, so daß sie die Theorie aufgestellt haben, daß 
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verborgen liegen; aber das ist eine Vermutung, die im 
Grunde genommen nur den vielen abessinischen Legenden noch 
eine neue hinzufügt. 
Obwohl diese ihrem Glauben getreuen Juden sich schon 
zu Beginn der christlichen Ara des Landes auf die Hoch— 
flächen von Semien zurückgezogen haben oder dorthin ver— 
trieben worden sind, wo sie unter eigenen Königen lebten, 
haben sie doch ihren großen Tag in der abessinischen Ge— 
schichte gehabt. Während des zehnten Jahrhunderts — 
genaue Zeitangaben selbst für diese verhältnismäßig späte 
Periode sind nicht möglich — brachte Judith, die Nach— 
folgerin ihres Gemahls, König Gideons, auf dem Thron, 
ihr Volk zum Aufstand gegen die abessinischen Herrscher. 
Sie ließ vierhundert Mitglieder der salomonischen Königs- 
linie töten, riß die Macht an sich und regierte vierzig Jahre 
lang. Wie lange die Herrschaft in den Händen von 
Falaschas blieb, ist nicht bestimmt zu sagen. Auf Judith 
folgten die Zague. Viele Fürsten dieser Linie waren 
Christen. Der Falascha⸗Aufstand bildete die Ursache der 
drei Jahrhunderte langen Unterbrechung der salomonischen 
Dynastie, die sonst beständig den Thron innehatte. Der von 
Judith veranstaltete Massenmord war erleichtert worden 
durch die abessinische Sitte, die Mitglieder des königlichen 
Hauses in einer natürlichen Festung — dem Debra Dama 
— unterzubringen, aber ganz hatte sie ihre Absicht einer 
restlosen Vernichtung nicht erreicht, da einer der Betroffenen 
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