Full text: Durch Abessinien und Erythräa

Die Kluft, die die Falaschas von ihren christlichen Lands- 
leuten trennt, ist lediglich religiösen Ursprungs. Weder in 
den Zügen noch in der Hautfarbe gibt es einen Unterschied. 
Auch die Kleidung ist dieselbe, mit der Ausnahme, daß die 
Falaschas niemals das Kreuz tragen, das man so allgemein 
bei den Christen sieht. Sogar in den Lebensgewohnheiten 
gibt es oft überraschende Ahnlichkeiten, was auf den starken 
jüdischen Einfluß auf die abessinische Kultur zurückzuführen 
ist. Zum Beispiel wird sowohl von den christlichen als auch 
von den Falascha-Priestern der gleiche Stab gebraucht, das 
Ritual beider Kirchen enthält das Symbol des Regen— 
bogens, beide verlangen die Beichte vor dem Priester, der 
die Vergebung erteilt, indem er dem Bußfertigen mit einem 
Zweig über die Schulter schlägt. Totenklage ist bei beiden 
Gruppen üblich. Die nächsten Angehörigen scheren ihr 
Haupt zum Zeichen der Trauer. Beide bringen sich aus 
Gram auf Stirn oder Schläfen manchmal so tiefe Wunden 
bei, daß sie dauernde Narben davon zurückbehalten. Daß 
diese letzte Sitte lange ein Stammesausdruck der Klage ge⸗ 
wesen ist, erhellt daraus, daß Moses ein Verbot dagegen er—⸗ 
lassen hat. 
Aber so ähnlich die Gebräuche auch sind, dieser Unterschied 
bleibt in den meisten Fällen: die Sitten der abessinischen 
Christen erinnern an das Judentum, die der Falaschas sind 
das Judentum selbst. 
Von den meisten Einzelheiten im Leben der Falaschas 
glaubt man, daß sie dem mosaischen Gesetz entsprechen. Das 
Gesetz über die Reinheit und Eßbarkeit der Wiederkäuer 
besteht auch bei ihnen. Sie essen das Fleisch der Rinder, 
Ziegen, Schafe, Antilopen und Giraffen; dagegen sind 
Pferde, Maultiere und Schweine verboten. Das Schlacht— 
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