Full text: Durch Abessinien und Erythräa

Forschungsreisenden geben zu, daß die Falaschas fast ganz 
frei sind von Geschlechtskrankheiten, die unter den anderen 
Abessiniern so verbreitet sind. Faitlowitsch erklärt sein 
Volk für das männlichste in Athiopien, sowohl in geistiger 
als körperlicher Hinsicht. Er zitierte den ehemaligen Gou⸗ 
verneur von Erythräa, der die Falaschas die Intellektuellen 
von Abessinien nannte, und er selbst glaubt, daß auf ihnen 
die Hoffnung des Landes auf Fortschritt beruhe. 
Auf mich machten sie im allgemeinen einen gesunden und 
lebhaften Eindruck. Eine robuste Natur erwartet man bei 
keinem Abessinier, aber soweit ich beobachten konnte, füllt 
für die Falaschas ein Vergleich mit ihren christlichen Lands— 
leuten in körperlicher Hinsicht günstig aus. Es würde merk⸗ 
würdig sein, wenn es nicht so wäre. Gerade ihr Fleiß muß 
anregend auf ihr Gehirn und auf ihre Muskeln gewirkt 
haben; darüber hinaus können die mosaischen Gesetze über 
hygienische Dinge unter ihren Lebensbedingungen kaum 
zweckmäßiger sein, und diese sind von denen der mosaischen 
Zeit nur durch die Jahrhunderte getrennt, sachlich sind sie 
kaum abgewandelt. 
Mein Aufenthalt unter ihnen erweckte in mir ähnliche 
Empfindungen, wie man sie beim Anblick von Dingen hat, 
die aus Jahrhunderte alten Gräbern zutage gefördert wer—⸗ 
den. Ich schlug eine Brücke von der Gegenwart in die fernste 
Vergangenheit hinüber. Biblische Berichte waren mir jetzt 
nicht mehr lediglich alte Religionsgeschichte, sie wurden zu 
Erzählungen vom Leben eines Volkes, das dem der heutigen 
Falaschas ähnlich war. 
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