Sklaven irgendwo in Abessinien gewesen und ihren Herren
in der Hoffnung entlaufen wären, die Grenze des Sudans
zu erreichen, von wo aus sie nicht zurückgebracht werden
könnten. Auf dem Wege wären sie wahrscheinlich, von
Hunger getrieben, zu einem jener Klöster in den Bergen
hinaufgeklettert und hätten die Priester, die weggelaufene
Sklaven gern als Hausgesinde annehmen, um Beschäftigung
gebeten. Arbeit in einem Kloster gäübe einem Sklaven Sicher-
heit. Sein Herr dürfe ihn aus einer dieser religiösen Insti—
tutionen nicht zurückfordern. Dieser Schutz gegen Gefangen—
nahme entspräche der Unantastbarkeit, die einem Verbrecher
gewährt sei, wenn er eine Kirche erreiche und die Glocke
läute.
Indessen, das Arbeiten in Klöstern würde selbst zu einer
Art von Sklaverei, da der Entwichene es ohne die Gefahr
der Wiedergefangennahme nicht wagen könne, die schütenden
Mauern zu verlassen. Aber nach einer gewissen Zeit, gestärkt
und erholt durch Nahrung und Ruhe, setzten die Sklaven
ihre Wanderung fort, der Freiheit in einem anderen Lande
entgegen.
Gerade so, wie ich meine persönliche Berührung mit
Räubern und damit eine Vervollständigung aller gelegent⸗
lichen Informationen über sie erst am Ende meines Auf-
enthalts in Athiopien erlebte, erwarb ich auch jetzt erst meine
besten Kenntnisse über die Sklavenfrage. Ohne daß ich
etwas davon gemerkt hatte, befand ich mich seit Gondar in
der Gegend der bedeutendsten Sklavenmärkte. Von Efendi
erfuhr ich, daß, nachdem Ras Taffari dem Völkerbund ver—
sprochen hatte, die Sklaverei in Athiopien abzuschaffen, ein ge·
heimes Büro in Addis Abeba eingerichtet worden war, dessen
Tätigkeit sich gegen den Sklavenhandel richtete. Die Wirk—
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