Full text: Durch Abessinien und Erythräa

dachte ich mir nicht viel bei dieser Bemerkung, aber nach 
längerem Aufenthalt in seinem Lande kam mir zum Bewußt⸗ 
sein, daß er der einzige mir bekanntgewordene Abessinier 
war, der seine dunkle Farbe erwähnt hatte, oder sie über— 
haupt bemerkt zu haben schien. 
Kurz darauf hatte ich eine Unterhaltung mit einem ge— 
bildeten jungen Abessinier, der Französisch wie ein Franzose 
sprach. Ich hatte vorher gemerkt, daß er außer mir, der ich 
in Paris eine besondere Erlaubnis dazu erwirkt hatte, die 
einzige Person war, die während der Fahrt durch Franzö— 
sischSomaliland Waffen trug. Als wir die abessinische 
Grenze überschritten, verzichteten wir beide auf dieses Vor— 
recht; denn von diesem Augenblick an trug jedermann sein 
Gewehr über der Schulter und einen Patronengürtel. Daß 
die Patronen nicht immer zu den Gewehren paßten, ließ er—⸗ 
kennen, daß das Tragen von Waffen in Äthiopien allgemeine 
Sitte ist; sie dienen mehr zur Vervollständigung der Klei⸗— 
dung als zum Angriff oder zur Verteidigung. Mein neuer 
Bekannter gab lächelnd zu, daß meine Anschauung nicht ganz 
unbegründet sei, aber sie war sicherlich noch ziemlich weit von 
der Wahrheit entfernt. Der Name meines Mitreisenden 
lautete Lidj Hailemere Gassaso, Sohn des letzten Gouver⸗ 
neurs der Provinz Semien. Ich verdankte ihm außer einer 
Stunde angenehmer Unterhaltung auch meine erste Be— 
gegnung mit einer abessinischen Versönlichkeit vom Hofe, und 
das geschah so: 
Hinter Diredaua — nach Größe und Bedeutung die zweite 
Stadt Abessiniens — war der zwölf Jahre alte Sohn Ras 
Taffaris unser Mitreisender. Der Sonderwagen, in dem 
er seine Mutter zur ärztlichen Behandlung in eine Klinik 
nach Diredaua gebracht hatte, war unserem Zuge angehängt
	        
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