immer von neuem wieder ergriff, nämlich den eines äthiopi—
schen Briefträgers. Der Mann trug mit vorgestrecktem Arm
einen meterlangen Stock, in dessen oberem Spalt ein zu—
sammengefaltetes Stück Papier steckte. Uraltes Gesetz und
unantastbare Sitte gewähren solchen Läufern Sicherheit auf
ihrem Wege. Sogar Räuber respektieren seine Unverletz-
lichkeit. Der Stab mit seiner Botschaft wird zu einem
Schutzmittel gegen alle menschliche Unbill und Gefahr. Dieser
Anblick ruft alte Zeiten wach und gibt dem Brief die
romantische und wichtige Bedeutung im Leben zurück, die
ihm eigentümlich war, Jahrhunderte vor unserem heutigen
Briefträger, der uns dreimal am Tage seine Last von Rech—
nungen und gleichgültigen Drucksachen ins Haus bringt.
Als wir im Begriff waren aufzubrechen, verstieß einer
von uns zu seinem Schaden gegen den dort üblichen Brauch,
von der rechten Seite in den Sattel zu steigen. Als früherer
Rittmeister wollte er natürlich von links aufsteigen und
landete infolge seiner Unkenntnis der Tradition auf dem
staubigen Erdboden. Wir übrigen machten uns seine Er—
fahrung zunutze und bestiegen unsere Maultiere von rechts.
Nackte „Momos“ und „Mamikes“ rannten neben uns her
und schrien: „à la mer.“ Die wortgetreue Bedeutung dieses
Ausdrucks verstanden sie natürlich nicht, sie wußten nur,
daß sie Geld haben wollten. Die kleinen Bettler des äthio—
pischen Hochlandes riefen „ins Meer“, so wie es die Kinder
in Dschibuti tun, die damit sagen wollen, daß sie bereit sind,
nach kleinen Münzen ins Wasser zu tauchen.
Unterwegs begegneten wir langen Reihen von Maultieren,
die mit Steinen aus einem in den Bergen gelegenen Stein—
bruch für Addis Abeba beladen waren. Ebenso stießen wir
auf das einzige Lastauto des Landes, den Vorläufer sicherlich