Full text: Durch Abessinien und Erythräa

den Haushalten. Ihre helle Farbe und die Feinheit ihrer 
Gesichtszüge macht die Legende glaubwürdig, daß die heuti— 
gen Gurage Nachkommen europäischer Sklaven sind, die 
von ägyptischen Herrschern nach Abessinien gesandt wurden, 
um in den Kupferminen, die in den Bergen südöstlich von 
Addis Abeba liegen, zu arbeiten. In dieser Gegend sind 
nämlich die heutigen Reste der Gurage zu Hause. Ich hatte 
einzelne von ihnen Trägerdienste in Addis Abeba leisten 
sehen, die mit Ausnahme eines Lendenschurzes oder eines 
in gleicher Form getragenen Schaffelles nackt einhergingen. 
In Jamjam sah ich sie als Trupp, so daß ihre typische Eigen⸗ 
art noch stärker hervortrat. 
Von der Sägemühle aus ritten wir zu einer kleinen Hoch— 
fläche hinauf, um eine abessinische Dame zu besuchen, die 
Witwe eines Schweizers, der zu Meneliks Zeiten die Säge— 
mühle besessen und betrieben hatte. Ihr Name lautete 
Workenisch, was bedeutet: „Du bist mein Goldiges.“ Außer— 
dem trug sie den Titel „Woizero“, was anzeigt, daß sie eine 
Dame von Rang ist. 
Workenischs Besitztum war von einer hohen dicken Mauer 
umgeben und bestand aus mehreren runden strohbedeckten 
Lehmhütten, den landesüblichen Tukuls, in denen sie mit 
ihrem Personal und ihrem Vieh hauste. Sie begrüßte uns 
in der Tür ihrer Wohnung. Lebhafte Augen, olivfarbene 
Haut und feingezeichnete Züge machten ihr Gesicht schön, 
ihre Gestalt allerdings war nicht gerade anmutig. Sie war 
in die übliche Schamma gehüllt und trug eine wogende Fülle 
von Kleiderröcken, unter denen lange weiße Unterhosen 
hervorragten, die für abessinische Kleidung beider Geschlechter 
ebenso charakteristisch sind wie die Schamma. Licht erhielt 
die Hütte nur durch die Tür, denn das einzige Fenster war 
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