klein, hoch und dicht geschlossen. Als meine Augen sich an
die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich die innere Aus-
stattung unterscheiden. Es gab einen niedrigen Tisch, eine
Bank, einen Sessel und ein quadratisches Kanapee, das
augenscheinlich als Bett diente. Auf dem letzteren lag ein
kleines Kind. Mit Hilfe Hakims, der als Dolmetscher diente,
erklärte uns unsere Gastgeberin, daß das Kind einer ihrer
Dienerinnen gehöre, daß sie es aber sehr liebe und oft bei
sich habe. Obwohl Kind einer Sklavin, wird das Kind selbst
nicht diesem Stande angehören, es sei denn, daß es vorziehen
sollte, bei der Herrin seiner Mutter zu bleiben. Die abessi⸗
nischen Gesetze sehen vor, daß Kinder von Sklaven frei sind.
Wir bildeten eine große Gesellschaft im Verhältnis zu
dem engen Raum der Hütte. Eine Freundin von Workenisch
befand sich ebenfalls auf Besuch bei ihr. Vor der Tür
drängte sich das Hauspersonal, ein Mann und eine Anzahl
von Mädchen, die offensichtlich von der Neugierde getrieben
waren, die Fremden zu sehen. An den Narben auf ihren
Wangen erkannte man, daß diese Sklaven aus der Provinz
Gemira stammten. Die Angehörigen dieses Stammes wer—
den nämlich durch drei Schnitte gekennzeichnet. Auf ein
Zeichen ihrer Herrin brachten sie Erfrischungen: Talla, das
abessinische Bier, und Kuhmilch, deren rauchiger Geschmack
davon herrührt, daß die Gläser, in denen sie gereicht wurde,
vorher über dem Feuer sterilisiert werden. Ich hätte die
Milch mit geringerem Eifer getrunken, wenn ich damals
schon von der äthiopischen Sitte gewußt hätte, nach der die
Milchkannen vor ihrer Benutzung mit dem Urin der Kühe
ausgespült werden. Ein Sklave schnitt Getreidekörner aus
Den. röstete sie in der Ecke über dem Feuer und reichte
ie uns.
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