Full text: Durch Abessinien und Erythräa

Da wir Fremde und interessiert waren, die Sitten und 
Gebräuche ihres Landes kennenzulernen, ermutigte uns 
unsere Gastgeberin, ihre Hütte als ein kleines Museum zu 
betrachten, sich die Ausstattung anzusehen und Fragen an 
sie zu richten. Sie zeigte uns einige Toilettenartikel, einen 
hölzernen Kamm mit groben Zähnen und ein kleines, aus 
Horn gemachtes Salbengefäß. Als ich ihre Schamma be— 
wunderte, erzählte sie mir, daß sie sie selbst gewebt habe. 
„Das ist Landessitte bei uns, unsere Schammas lassen wir 
nicht von den Sklaven machen.“ Aus einer schweren Truhe 
in der Ecke ließ sie eine Anzahl von ihnen, die sie selbst ge— 
fertigt hatte, durch eine Dienerin herbeibringen. Schammas 
für den Alltag und Schammas für große Gelegenheiten. 
Diejenigen, die anläßlich einer „Fantasia“ getragen wurden, 
zeigten eine feinere Webart und waren mit einer drei Zoll 
breiten farbigen gestickten Borte verziert. Vermutlich 
etwas belustigt darüber, daß ihre Geschicklichkeit in einer 
Kunst, die für ihr Volk etwas Selbstverständliches war, 
unsere Erörterung und Bewunderung erregte, machte sie 
uns das Anerbieten, uns die Webarbeit selbst zu zeigen. 
Ein Sklave brachte ihr einige Samenkapseln von Baum— 
wollsträuchern, die auf einem kleinen Fleck innerhalb 
ihres Besitztums wuchsen. Sie entfernte die Samenkörner 
mit einer Stopfnadel, die Baumwolle selbst rupfte, streckte 
— 
Stein, der, wie sie sagte, schon seit Generationen in ihrer 
Familie zum gleichen Zweck verwendet wurde. Danach 
peitschte sie die Fasern unter Verwendung eines mit einer 
Darmseite versehenen Bogens zu einer hauchdünnen Wolke, 
worauf sie sie mit Hilfe einer Spindel zu einem Faden 
drehte, der auf einem alten Handwebstuhl zu Stoff ver— 
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