Full text: Zukunftsmöglichkeiten deutscher Steuer- u. Finanzpolitik

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Kapital Beteiligen kann, und die man deshalb etwas gelinder anfassen muß, 
an die Stelle der ganz großen Einzelunternehmen treten. Mit besonderer 
Sorgfalt müssen bei den kleinen und mittleren Vermögen ziemlich weit herauf 
die individuellen Verschiedenheiten in der Leistungsfähigkeit gleicher Ver 
mögen berücksichtigt werden. Insbesondere werden hier Ermäßigungen bei 
vorgeschrittenem Alter, noch nicht erlangter oder nicht mehr vorhandener 
Erwerbsfähigkeit, und nach der Kinderzahl, anderseits Erhöhungen für Ledige 
und Verwitwete vorzusehen sein. Vor allem aber muß auch dem Gesichts 
punkte Rechnung getragen werden, daß dieselbe Steuer für Vermögen von 
gleicher Höhe sehr verschieden empfindlich wäre, je nachdem, ob und in welchem 
Maße diese Vermögen im Verlaufe der letzten Jahre gesunken, gleich geblie 
ben oder gestiegen sind. Diesen Ausgleich herzustellen ist allerdings in erster 
Linie, aber nicht ausschließlich und erschöpfend, die ebenfalls bereits ange 
kündigte nochmalige, den ganzen Zeitraum seit Kriegsbeginn unter Anrech 
nung der früheren berücksichtigende Kriegs st euer berufen, bei der ich 
in der Wegsteuerung hoher Vermögensvermehrungen ziemlich radikal vor 
gehen würde. Doch darf sich die Staffelung hier nicht nur nach der absoluten 
Höhe der-Vermögensvermehrung, sondern muß sich auch — eine von mir schon 
1615 erhobene Forderung — nach dem Verhältnisse des Zuwachses zum 
Anfangsvermögen richten. Darin würde, da die eigentlichen und besonders 
anstößigen „Kriegs"gewinne prozentual auch besonders hoch zu sein pflegen, 
auch eine mittelbare Vorbelastung der letzteren liegen, während sich unmittel 
bar eine solche durch eine einwandfreie gesetzliche Definition des Kriegs 
gewinnes kaum ermöglichen läßt. Um aber auch den, der sein während des 
Krieges erzieltes hohes Mehreinkommen verpraßt hat, zu fassen und nicht 
vor dem Sparsamen zu begünstigen, käme, wo noch faßbares Vermögen vor 
handen ist. die Anrechnung eines fiktiven Vermögenszuwachses in Frage. 
Die Staffelung auch nach dem Prozentsätze des Vermögenszuwachses 
empfiehlt sich ebenso wie für die Kriegssteuer auch für die periodische Ver 
mögenszuwachssteuer, die heutige „Besitzsteue r", auf die das Reich 
nicht verzichten kann, die es vielmehr wird ausbauen und erhöhen und 
in Verbindung mit der einmaligen Vermögensabgabe bringen müssen, um 
sie als nachträgliches Korrektiv und als Ausgleich für die hohe Belastung der 
gerade zur Zeit der Veranlagung der einmaligen Vermögensabgabe vorhan 
den gewesenen Vermögen zu benutzen. Um auch hier dem Vorwurf einer 
Benachteiligung des Sparsamen vor dem Mindersparsamen zu begegnen, 
könnte die periodische Vermögenszuwachs- mit einer ebensolchen Ein- 
kommensvermehrungs(Mehreinkommens-)steuer verbun 
den werden, wobei indes deren Überlassung an die Einzelstaaten geboten 
wäre, wenn diese im Besitz der Einkommensteuer bleiben und letztere nach 
wie vor territorial verschieden gestaltet bleibt. 
Einmalige Vermögensabgabe, Kriegsgewinn-, Besitz- und Mehreinkom 
menssteuer stimmen gewiß mit dem Programm der Sozialdemokratie über 
ein, und es wird Aufgabe der bürgerlichen Parteien sein, bei diesen Steuern 
sozialistische, die Volkswirtschaft mehr als es die Finanzlage unabweislich 
verlangt, schädigende Überspannungen zu verhüten. Aber alle diese Steuern 
sind doch nicht bloß auf sozialistischem Acker gewachsen, sondern können, wie 
sich unsere Finanzlage nun einmal gestaltet hat, auch von Nichtsozialisten mit 
gutem Gewissen verteidigt werden. Dagegen scheint die bekanntgegebene 
Kapitalertrags st euer von dem sozialistischen Gedanken, daß es im
	        
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