Full text: Zukunftsmöglichkeiten deutscher Steuer- u. Finanzpolitik

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des gewerblichen Lebens liegt, daß Verkehrs- und Verbrauchssteuern inner 
halb des ganzen Reiches einheitlich geordnet sind, so gilt dies auch von der 
Gewerbesteuer für solche Unternehmungen, deren Geschäftsbetrieb sich auf 
mehrere Bundesstaaten erstreckt, also der größeren. Einmal ist es für den 
Gewerbetreibenden äußerst unbequem, mit den verschiedenen Steuer 
verfassungen so und so vieler Bundesstaaten rechnen zu müssen, und sodann 
können Doppelbesteuerungen trotz gesetzgeberischer Maßnahmen nicht ganz 
vermieden werden. Für eine Reichsgewerbesteuer, die ja als „Betriebs 
ertragssteuer" bereits angekündigt ist, wäre der Ertrag eine ebenso geeignete 
Bemessungsgrundlage, wie er für eine vom Grundsätze der Besteuerung nach 
Leistung und Gegenleistung geleitete Kommunalsteuer eine ungeeignete ist. 
Dieser Maßstab des Ertrags ertrüge dann auch eine Progression, für die aber 
nicht allein die absolute Höhe des Ertrags, sondern auch sein Verhältnis zum 
Anlage- und Betriebskapital maßgebend sein müßte. 
Die größten gewerblichen Betriebe mit den weitreichendsten geschäftlichen 
Beziehungen sind vorzugsweise in den Händen von Erwerbsgesellschaften. 
Ist deshalb für sie schon die territoriale Verschiedenheit der Gewerbesteuern 
besonders störend, so noch mehr der Umstand, daß gerade die Einkommen 
steuerpflicht der Erwerbsgesellschaften in den einzelnen Bundesstaaten viel 
buntscheckiger geregelt ist als die der natürlichen Personen. Ihr gemeinsamer 
Grundzug ist der einer gewissen Künstelei: die auf die natürlichen Personen 
zugeschnittene Einkommensteuer paßt eben nicht für die Gesellschaften, die sich 
in sie nur gewaltsam einfügen lassen. Ich habe deshalb schon seit vielen 
Jahren die Ersetzung der Einkommensteuer der Gesellschaften durch eine 
besondere E e s e l l s ch a f t s st e u e r , sei es nach den gesamten, sei es nach 
den verteilten Überschüssen unter Mitberückstchtigung des Vermögens, 
empfohlen mit dem Erfolge, daß in Preußen 1909 auch eine entsprechende 
Vorlage gemacht wurde, die zwar keine Annahme fand, aber doch auch nicht 
grundsätzlich verworfen wurde. Seit die Frage einer Reichseinkommensteuer 
zur Diskussion steht, vertrete ich die Ansicht, daß die Einzelstaaten alle Ver 
anlassung hätten, lieber auf die Einkommensteuer der Gesellschaften zugunsten 
einer Reichs-Eesellschaftssteuer zu verzichten, als einen Einbruch des Reiches 
in die Einkommensteuer der Einzelpersonen zuzugeben. 
Kommt es zu einer Reichseinkommen st euer, wenn auch unter 
Beschränkung auf die großen Einkommen, dann wären auf die Dauer von 
ihr grundsätzlich abweichende Landeseinkommensteuern nicht zu halten. 
Ebensowenig ginge es aber an, daß das Reich etwa von den größeren Ein 
kommen Zuschläge zu den Landeseinkommensteuern erhöbe, wenn diese so 
erhebliche Verschiedenheiten voneinander aufweisen, wie es gegenwärtig der 
Fall ist. Es wäre das um so weniger angängig, als natürlich solche Verschie 
denheiten bei den großen Einkommen am meisten ins Gewicht fallen; ich 
nenne als Beispiel nur die Einkommensteuerpflicht des in den meisten Bun 
desstaaten einkommensteuerfreien Gewinnes aus sog. Gelegenheitsspekula 
tionen in Preußen und die Verschiedenheiten in der Zugrundelegung mehr 
jähriger Durchschnitte oder des Einkommens des letzten Jahres. Mag es aber 
zur Reichseinkommensteuer kommen oder nicht, jedenfalls wird die Pro 
gression der Steuersätze für die großen Einkommen bedeutend verstärkt werden, 
womit ja bereits durch die progressiven Staatszuschlüge während des Krieges 
und neuerdings der Anfang gemacht ist. Man wird hier bei der zu empfehlenden 
Durchstaffelung bei den ganz großen Einkommen so weit gehen können, daß die
	        
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