Full text: Einführung in die Kriegswirtschaftslehre

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Diejenigen, welche für eine Sättigung der Zirku 
lation mit Gold eintraten, hatten die Vorstellung, 
daß so das Mißtrauen der Bevölkerung zurück 
gedrängt und im Kriegsfall die Nachfrage nach 
Gold geringer sein werde. Ueber die kriegswirt 
schaftliche Bedeutung dieser und anderer Maß 
nahmen auf dem Gebiete des Geldwesens werden 
wir noch mehrfach zurückkommen. 
VI. Beschaffung von Zeichengeld. 
1. Allgemeines. 
Wir haben gesehen, welch scharfen Unter 
schied man zwischen den Geldsorten machen 
muß, die nur im Inlande verwendbar sind, und 
jenen, welche auch im internationalen Verkehr 
verwendet werden können. Um diesen Unterschied 
möglichst markant hervortreten zu lassen, werde ich 
die verschiedenen Geldbeschaffungsmethoden, ge 
trennt für inländisches Zeichengeld und für Welt 
geld, erörtern. Es kann zwar unter Umständen 
auch Zeichengeld gegen Weltgeld umgetauscht 
werden, aber im Kriegsfälle kann man mit diesen 
Umtauschmöglichkeiten nicht immer mit Sicher 
heit rechnen und man darf, wenn man vorsichtig 
sein will, nur das als Weltgeld in Rechnung 
stellen, was in einem bestimmten Augenblick an 
Weltgeld vorhanden ist, wobei das Weltgeld in 
erster Reihe in Gold, in zweiter auch in Gold 
devisen oder Goldguthaben im Auslande bestehen 
kann. Die Trennung in Weltgeld und Inlandsgeld 
muß deshalb mit Nachdruck hervorgehoben werden, 
Weil, wie die Erfahrung lehrt, nicht selten die 
finanzielle Kriegsbereitschaft eines Staates in der 
Weise berechnet wird, daß man die Goldbestände, 
mit den Staatskassenbeständen — die sowohl aus 
^eichengeld, als auch aus vollwertigem Goldgeld 
bestehen — und dem Notenemissionsrecht oder 
Anleiherecht zu einer Summe vereinigt. Diese 
Summe besagt begreiflicherweise nichts über die 
finanzielle Kriegsbereitschaft, denn Zeichengeld 
^nn ja beliebig vermehrt werden, während dies 
für Weltgeld nicht gilt. Wer daher die finanzielle 
Kriegsbereitschaft eines Staates zu berechnen 
Un ternim.mt, muß vor allem ein besonderes Zeichen- 
Seldkonto und ein gesondertes Weltgeldkonto 
aufstellen. 
Zunächst wollen wir uns ganz kurz über die 
Quellen orientieren, aus denen der Staat während 
bes Krieges seinen Bedarf an Inlandszahlungs- 
rmtteln in erster Linie deckt. Es sind dies: 
a) Kriegsschatz, 
b) Anleihen, 
c) Steuern, 
d) Schaffung von Zeichengeld, sei es nun 
Papierenes, metallisches oder girales Zeichengeld. 
Die Methode d) ist für Weltgeld unanwend 
bar. Wenn der Staat kein Gold vorrätig hat, ist 
außerstande, es in Kriegszeiten herzustellen. 
D'a Methode c) kann zwar auch dazu dienen, 
Weltgeld heranzuziehen, das in der Bevölkerung 
Zer streut ist, sie kann aber nur dort angewendet 
Werden, wo die Herrschgewalt des Staates wirk 
sam ist, während z. B. Methode b) sowohl im 
Inlande als auch im Auslande Verwendung 
finden kann. 
2. Kriegsschatz. 
Beginnen wir mit dem Kriegsschatz. Ich be 
zeichne damit jene Geldbestände, die dem Staat 
im Kriegsfall tatsächlich zur Verfügung stehen. 
Ob eine bestimmte Geldsumme juristisch als 
Kriegsschatz ausgesondert erscheint, ist zwar nicht 
gleichgiltig, aber doch eine Frage zweiten Ranges. 
Der Kriegsschatz hat heute nicht mehr jene Be 
deutung, wie vor Jahrhunderten, aber er kann 
noch immer einen Vorsprung von Tagen ver 
schaffen, was in Zukunft ebenso wichtig sein 
dürfte, wie es etwa im Deutsch-Französischen Krieg, 
war, in dem derErfog der Deutschen zum Teil auf 
die Ausnützung des preußischen Kriegsschatzes 
zurückzuführen ist, der später in den Kriegs 
schatz des Deutschen Reiches umgewandelt 
wurde. 
Ob man einen Kriegsschatz anlegen solle 
oder nicht, wurde bereits im 18. Jahrhundert viel 
diskutiert. Schon damals konnte man mit ihm 
allein keinen Krieg mehr führen und war daneben 
auf andere Geldquellen angewiesen. Treffliche 
Betrachtungen über diesen Gegenstand findet man 
bei Struensee, einem Minister Friedrich des Großen, 
der eine Arbeit «Ueber die Mittel eines Staates 
bei außerordentlichen Bedürfnissen, besonders bei 
Kriegszeiten Geld zu erhalten» veröffentlichte. 
Gegen einen Kriegsschatz machte man damals in 
England geltend, daß er die Regierung zu unab 
hängig vom Geldbewilligungsrecht des Parlaments 
mache, ein Argument, das übrigens auch im 
19. Jahrhundert gelegentlich verwendet wurde. 
Wie ich schon erwähnte, kann ein Kriegs 
schatz entweder offiziell als solcher bestehen oder 
aber in offiziell in Form von Geldern der Noten 
bank oder der Staatskassen vorhanden sein. 
Wenn eine bestimmte Geldsumme juristisch nicht 
als Kriegsschatz bezeichnet ist, so kann der 
Staat im Kriegsfall doch manche Schwierigkeiten 
haben, das Geld in seine Hand zu bekommen. 
Er kann sich möglicherweise genötigt sehen, 
Brachialgewalt mindestens formell zur Anwendung 
zu bringen, was dem Prestige nicht eben förder 
lich ist. Was für Schwierigkeiten sich ergeben 
können, vermag man z. B. daraus zu entnehmen, daß 
im Deutsch-Französischen Krieg die französische 
Regierung nur nach langem Verhandeln von der 
Bank Geld erhalten konnte. Gambetta plante 
bereits gewaltsame Eingriffe, als die Bank schließ 
lich doch nachgab und dem Staat unter schweren 
und demütigenden Bedingungen — Domänen 
mußten verpfändet werden — Gelder zur Ver 
fügung stellte. 
Trotz alledem ist aber die Ansammlung von 
Inlandsgeld als Kriegsschatz von geringer Be 
deutung, sei es nun, daß man die Absicht habe, 
das unterwertige Metallgeld ans Publikum aus 
zugeben oder es, was das österreichisch-ungarische 
Bankstatut gestattet, als Notendeckung zu ver
	        
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