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testen ist, wo die Kassen klein sind. Man kann
ein paar Dutzend Leute in einem Gasthaus ver
sammeln und ihnen darlegen, was sie eigentlich
damit tun, wenn sie die Gelder kündigen; dies
ist bei einer großen Einlegerzahl nicht mehr
möglich. Aus diesem Grunde sind in Kriegszeiten
in mancher Richtung die kleinen Kassen
den großen vorzuziehen. Nichts erhöht
eine Panik mehr, als der suggestive Anblick
tobender nnd drängender Menschen. Nicht selten
heben dann auch Leute Geld ab, die vorher nie
daran gedacht hätten, sie sagen: «Der Nachbar
tuts auch.» Dazu kommt noch, daß tatsächlich
der zurückhaltendere Teil fürchten muß, zu kurz
zu kommen, wenn die Sparkasse all ihr Bargeld
an die Aengstlichen abgegeben hat und keines
übrig behält, wenn schließlich wirklich einer Geld
benötigt, etwa zu einer Reise oder zu geschäft
lichen Zwecken. Es ist für unsere Geld- und
Kreditordnung charakteristisch, daß die Aengst
lichen, die Unsozialen auf die Mutigen und Sozialen
einen Druck ausüben. Die Ruhigen werden ge
zwungen, die Kopflosigkeit mitzumachen, soll es
ihnen nicht nach dem bekannten Spruch er
gehen: «Den Letzten beißen die Hunde!»
Das Gesagte zeigt uns, daß die Banken und
Sparkassen in kritischen Zeiten immer damit
rechnen müssen, daß die sofort fälligen Gelder
behoben werden können. Andere Gelder, welche
gegen Kündigung hinterlegt wurden, werden ge
kündigt, aber für diese Kündigungen das nötige
Bargeld zu besorgen, bleibt der Bank einige Zeit.
Doch um dem ersten Ansturm gewachsen zu sein,
muß bares Geld bereit liegen, oder es müssen
mindestens Guthaben z. B. bei der österreichisch
ungarischen Bank vorhanden sein, welche die be
treffende Bank jeden Augenblick in Anspruch
nehmen kann. Das Verhältnis der baren oder
leicht realisierbaren Mittel zu den sofort fälligen
Schulden bezeichnet man als die Liquidität einer
Bank. Man kann, wenn man genau sein will, die
Schulden der Bank ebenso wie ihre Forderungen
nach Fälligkeitsterminen unter Berücksichtigung
der erfahrungsgemäßen Einhaltung ordnen und
einander gegenüberstellen.
Wenn eine Bank bei 500.000 K sofort fäl
ligen Forderungen 80.000 K in bar liegen hat,
ist sie liquider, als wenn sie nur 60.000-K liegen
hat. Eine Bank kann sehr illiquid sein, das heißt,
die Forderungen der Liquidität nicht erfüllen und
dennoch durchaus aktiv sein. Dies zeigt uns
Tabelle XXI zur Genüge:
Tabelle XXI.
Illiquide, aktive Bank
Aktiva
Passiva
Häuser
. . . 25.000 K
Aktienkapital .
10.000 K
Effekten
. . 4.000 »
Sofort fällige
Kassa
. . . 1.000 »
30.000 K
Forderungen
Saldo . . .
15.000 »
5.000 »
30.000 K
Die Bank hat zwar einen Saldo von 5000 K
zu ihren Gunsten, aber sie kann ihre Gläubiger
nicht befriedigen, welche ihre Forderungen geltend
machen. Trotzdem ist die Bank im Besitz von Eigen
tum, das verkauft einen weit größeren Betrag
liefern würde. Aktivität und Liquidität sind eben
durchaus verschiedene Dinge.
Wenn wir nun daran gehen, uns die Bedeu
tung der Liquidität im Kriegsfall klar zu machen,
so genügt es nicht, die einzelnen Banken zu
untersuchen. Wir werden nämlich sehen, daß die
Liquidität der Banken und Unternehmungen ein
System bildet. Die erste Bank ist an die zweite,
diese an die dritte, usw. verschuldet. Die Liqui
dität der einen Bank hängt dann von derjenigen
der anderen bis zu einem erheblichen Grade ab.
Hat eine Bank Wechsel in der Hand, die den
Giro einer anderen tragen, so wechselt die Re
alisierbarkeit des Wechsels mit der Zahlungs
fähigkeit der girierenden Bank, die selbst wieder
das Produkt von Zahlungsfähigkeiten anderer
Institute sein kann. Leider ist bis jetzt die volks
wirtschaftliche Theorie noch nicht so weit vor
geschritten, um eine ausreichende Analyse über
die Liquidität einer Gesellschaft auch nur sche
matisch geben zu können. Ich will im folgenden
nur versuchen, ein und das andere Problem an
zudeuten, das auch praktisch von Bedeutung ist
Die Liquidität eines Systems hängt von den
verschiedensten Umständen ab. ln erster Reihe
von der Zeit, welche bei der Abwicklung von
Geschäften zur Verfügung steht.
Die Erwägungen, die wir an Tabelle XXII.
anzustellen vermögen, erinnern uns in vielem an
die Betrachtungen, welche sich an die Tabelle VUI
anschlossen.
Es seien uns vier Personen, A, B, C, D, gegeben.
A sei im Besitze von 100 K, in Gold O 100 K habe
er überdies von D zu fordern, während er selbst
an B 100 K schuldig sei, die anderen Personen
B, C, D, seien der Reihe nach 100 K schuldig
und hätten gleichzeitig 100 K Forderungen im
Besitz. Wie im Falle der Warenzirkulation, den
Tabelle VIII darstellt, können alle Verpflichtungen
glatt abgewickelt werden, wenn fünf Zeitpunkte
zur Verfügung stehen. Sollten alle Schulden am
gleichen Tage fällig sein, so müßten entsprechende
Prolongationen vorgenommen werden. Wird in
Krisenzeiten die sofortige Bezahlung verlangt, so
kann A noch gerade dem B zahlen, aber C ist
bereits bankerott. Wir sehen, wie in diesem
schematischen Falle die Liquidität eines Systems
von Personen von der Zeit abhängt, welche zur
Bezahlung der Schulden zu Verfügung steht.
Diese Abhängigkeit der Liquidität von der
zur Verfügung stehenden Zeit kann bereits in den
Bilanzen vorweggenommen erscheinen und da
durch die Situation von vornherein verschlimmern.
D, der voraussieht, daß C vielleicht nicht zahlen
kann, wird den Schuldschein oder Wechsel des C
dann gar nicht zum vollen Betrag in die Bilanz