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schäften sind direkt auf den internationalen Verkehr angewiesen. Wie
weit aber ihre Tätigkeit sich ins Ausland erstreckt, und in welcher
Höhe sie dort Versicherungen abschliessen, entzieht sich der Fest
stellung. Einen Anhalt gewinnt man, wenn man ihren Besitz an aus
ländischen Werten für die Berechnung ihrer Dienstleistungen im
Auslande zu Grunde legt. Es ist eine banktechnische Notwendigkeit
für die Versicherungsgesellschaften, dass sie der Quote ihrer auslän
dischen Versicherungen entsprechend einen Teil ihres Reservekapitals
fn ausländischen Werten anlegen. Tn erster Linie kommen hierfür
Staatspapiere in Betracht; alle anderen Werte, besonders Industrie
aktien, sollten prinzipiell ausgeschlossen sein. Bei den unter Aufsicht
stehenden Gesellschaften macht der Besitz an ausländischen Werten
etwa 17 %, aus, was für alle deutschen Versicherungsgesellschaften
einen Gesamtbestand von 90 Millionen Mark ergibt. *) Es entfielen
1904 auf die unter Aufsicht stehenden Versicherungsunterneh
mungen:
Mark 43 861 479 ausländische Staats- u. Kommunalanleihen (12,8%)
,, 12 551 650 sonstige ausländ. Schuldverschreibungen (3,7 %0
,, 1 981 784 ausländische Aktien (0,6%)
Selbst unter der Voraussetzung, dass die Summe der Verpflichtungen
der deutschen Versicherungsgesellschaften mit 90 Millionen Mark
nicht zu niedrig angegeben ist — die Verpflichtungen dürften diese
Summe weit überragen — ziehen die Versicherungsunternehmungen
einen weit höheren Nutzen aus ihrer Auslandstätigkeit, als irgend
eine andere Unternehmung mit demselben Kapital erzielen würde.
Es ist schwierig, die Summe des Kapitalexports seitens der Versicht-
rungsgsellschaften auch nur annähernd anzugeben. Die Versiche
rungsgesellschaften kommen ausserdem zu einem Teil für den Ka
pitalexport zu I durch Anlage eines Kapitals von 90 Millionen Mark
in ausländischen Renten- und Dividendenwerten in Betracht.
Die ausländischen Renten- und Dividendenwerte waren lange
Zeit hindurch die einzigen und wichtigsten Papiere, in denen deut
sches Kapital festgelegt wurde. Die Höhe des in diesen Werten an
gelegten Kapitals schwankte je nach den wirtschaftlichen Konjunk
turen des Inlandes sowie auch des Auslandes. Zuerst kamen auslän
dische Staatsanleihen und Hypotheken-Pfandbriefe; diesen folgten
die Obligationen und Aktien von Eisenbahnen, von Industrie- und
Handelsgesellschaften, von Minen- und Bergwerksgesellschaften. Bis
in die neunziger Jahre wurden fast alle diese Werte durch die Börse
ins Publikum gebracht. In den letzten Jahren, besonders seit 1908,
hat sich aber ein sehr breiter, freier Markt in inländischen und aus
ländischen Werten entwickelt. Von den letzteren haben hauptsäch
lich Kolonialanteile, amerikanische Kupferaktien, englische Gold-
1) Hilbert, H. Dr., Kapitalanlagen der deutschen Privatversicherungsgesellschaften,
Jena 1908, S. 101—106.