Ist die Religion nur ein Reflex des
Mirt sebaf tslebens ?
(Religion und Wirtschaftsleben. 2.)
Als sich die Wissenschaft aus den Fesseln der Kirche
befreit hatte, schwollen der jungen Wissenschaft die Kräfte,
sie glaubte den Spieß umkehren und sich zur Herrin über
die Religion machen zu können: die Religion erschien als
eine Vorstufe der Wissenschaft, die mit dem Vordringen
der Wissenschaft von selbst verschwinden muß. Genau so
ging es mit dem Wirtschaftsleben nach seiner Säkulari
sation oder Emanzipation: Es waren Karl Marx und
Friedrich Engels, die Väter der Sozialdemokratie, die der
Religion ihre Selbständigkeit rauben und sie zu einer
Folgeerscheinung des Wirtschaftslebens machen wollten.
Wir müssen uns kurz auseinander setzen mit der von ihnen
begründeten materialistischen oder besser ökonomischen Ge
schichtsauffassung. Freilich streiten sich ihre Anhänger,
worin sie eigentlich besteht, denn in der ursprünglichen
schroffen Form hat sie sich als unhaltbar erwiesen; nun
wird sie in der verschiedensten Weise „erklärt", beschränkt
und ausgebaut! Wir aber sehen auf die ursprünglichen
klassischen Darstellungen.
Marx sagt: Die Produktionsweise bedingt den geistigen
Lebensprozeß; nicht das Bewußtsein der Menschen be
stimmt ihr Sein, sondern das gesellschaftliche Sein be
stimmt ihr Bewußtsein. Alle Änderungen in den Ideen
sind nichts als Folgeerscheinungen von Änderungen in
den wirtschaftlichen Verhältnissen. Darum wird das