Full text: Arbeitsintensität und Achtstundentag

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vorgeschrieben und die zur Durchführung dieser Vorschriften er 
forderlichen Anordnungen erlassen werden.« 
Von dieser Bestimmung wurde im Frieden bereits Gebrauch 
gemacht, sie müßte nur weiter ausgedehnt werden auf verschie 
dene andere Industriezweige. Dieser sanitäre Maximalarbeitstag 
müßte in besonderen Fällen sogar auf weniger als acht Stunden, 
etwa auf sieben oder sechs Stunden festgesetzt werden, nämlich in 
solchen Betrieben oder Teilen von Betrieben, die an die Leistungs 
fähigkeit der Arbeiter ganz besonders große Anforderungen 
stellen, oder die sehr gesundheitsschädlich sind. In anderen kann 
er wieder höher als auf acht, auf neun oder zehn Stunden fixiert 
werden. 
Ob wir außerdem einmal in die Lage kommen werden, uns 
den Luxus eines kulturellen Maximalarbeitstags leisten zu 
können, muß die Zukunft lehren. In diesem Sinne forderte der 
französische Vertreter Jouhaux auf der Washingtoner Konferenz: 
»Die Arbeitsdelegationen proklamieren, daß die Arbeiter das Recht 
auf das Leben haben, auf eines, das erlaubt, den Körper gesund 
zu erhalten und die geistigen und sittlichen Fähigkeiten zu ent 
falten. Sie schätzen, daß die Arbeitszeitverkürzung als Folge 
haben muß, die ununterbrochene Entwicklung der Industrie, der 
unbegrenzten Ausbreitung des allgemeinen und technischen Unter 
richts, den Gebrauch aller Fähigkeiten, die Benützung aller materi 
ellen Hilfsmittel, die Anwendung aller Erfindungen und Ent 
deckungen, die die wesentlichen Faktoren einer vermehrten Pro 
duktion ausmachen 1 ).« Gewiß wäre es für alle unsere Volks 
genossen eine schöne Errungenschaft, wenn einmal die alte sprüch- 
wörtliche Forderung: Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Muße, 
acht Stunden Schlaf verwirklicht werden könnte. Aber die Reali 
sierung dieser Forderung setzt einen hohen Grad der nationalen 
Produktivität voraus, den wir jedenfalls in der Gegenwart noch 
nicht erreicht haben. Das sind Sonntagsideen, die für die real 
politische Beurteilung nicht in Betracht kommen sollten. Für 
die Gegenwart und Zukunft gilt es vielmehr, daß wir Deutsche 
jeder an seiner Stelle und gleichgültig, ob es sich um geistige 
oder materielle Arbeit handelt, so viel als irgend möglich 
von Arbeitskraft hergeben, um das so schwer daniederliegende 
deutsche Wirtschaftsleben wieder in die Höhe zu bringen. In 
der Lage, in die wir durch den Weltkrieg gekommen sind, ist 
*) Conference Internationale du travail. Washington 1920. S. 57. 
Diehl, Arbeitsintensität und Achtstundentag. 4
	        
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