Die Unmöglichkeit des Ausgleichs von Zahlungsbilanzsalden.
‘Um uns Klarheit darüber zu Verschaffen, ob und wie die Restschuld aus-
geglichen werden kann, seien sämtliche Zahlungsverfahren, welche privatwirtschaft-
lich dem Einzelnen zur Verfügung stehen, der Reihe nach durchgesprochen, wobei
wir nicht nur an die obigen 2 Milliarden Mark sondern gleichzeitig ein wenig an
die riesigen Milliardenbeträge denken wollen, welche von uns als sogenannte
Reparationen gezahlt werden sollen.
Der Ausgleich könnte erfolgen, indem wir Gold oder Goldstücke ins Ausland
exportieren; da es seinen Wert in sich trägt, wäre es effektive Zahlung und! Aus-
gleich, aber praktisch hat das Gold nie in solchem Umfange eine Rolle gespielt
— abgesehen von den Kriegsstörungen —, und vollends kommt es für das Ausmaß
der Reparationszahlungen nicht in Frage,
Die als Nächstliegend in Frage kommenden Ausgleichsmittel des Devisen-
Ankaufs, der Auszahlung, des Postscheck- und Überweisungsverkehrs usw. können
nicht benutzt werden, da sie nur Umbuchungen darstellen, aber keinen Ausgleich
herbeiführen, oder nur aufgrund von Guthaben wirksam werden, und solche
Guthaben nach der Voraussetzung nicht zur Verfügung stehen.
Würden die deutschen Banken ihre Auslandsschulden mit Reichsbanknoten
bezahlen, so. wäre zwar privatwirtschaftlich und juristisch Zahlung erfolgt, aber
materiell wäre auch das nur Schuldübergang, indem an Stelle der privaten deut,
schen Banken die Reichsbank als Schuldner treten würde.
Das Verschuldungsverhältnis bleibt auch dann bestehen, wenn zur Zahlung
deutsche Aktien, Obligationen. oder sonstige Wertpapiere exportiert werden; an die
Stelle der Banken als Schuldner treten dann die betreffenden Aktien-Gesellschaften,
Obligationsschuldner usw,
Ein endgültiges Ausgleichsmittel sind dagegen ausländische Wertpapiere,
„Valutapapiere‘“ und deren Zinscoupons; sie bedeuten dasselbe wie aufgrund von
Exporten gezogene Devisen; nach der Voraussetzung und in Ansehung unserer
Reparationsverpflichtungen stehen sie jedoch nicht zur Verfügung.
Endlich könnte man für die 2 Milliarden Mark eine „Valuta-Anleihe‘“ im Aus-
land aufnehmen, was langfristige Konsolidierung der Schuld und jährliches An-
wachsen der Schuldsumme durch die Zinsen bedeutet; die Schuld selbst aber wird
nicht ausgeglichen, sondern besteht weiter.
Auf derselben Linie liegt der Erwerb vom stehenden Eigentum durch Ausländer
in Deutschland, die hypothekarische Beleihung von deutschen Grundstücken, Ge-
bäuden und Schiffen durch Ausländer und der bereits vorhin genannte Export
von deutschen Wertpapieren: die Schuld geht von den Banken auf andere inlän-
dische Schuldner über, und Jährlich sind Zinsen zu zahlen,
Im ganzen zeigt sich also nach unserer Voraussetzung und für die Repara-
tionsverhältnisse die absolute Unmöglichkeit, den Schuldsaldo anders als durch
vermehrten Export von Waren oder Dienstleistungen tatsächlich zum Ausgleich zu
bringen. Die nach unserer Voraussetzung aus Importüberschuß nach Deutschland
gelangten 2 Milliarden, Mark ausländisches Kapital müssen also so lang bei uns
stehen bleiben, als kein effektiver Ausgleich erfolgt. Zusammengefaßt können wir
Tormulieren:
1. privatwirtschaftliche und volkswirtschaftliche Ausgleichung internationaler
Schuldverhältnisse sind zwei verschiedene Dinge; .
2. es ist zu unterscheiden zwischen volkswirtschaftlicher endgültiger Ausglei-
chung von Schuldsalden (Export von Waren, Dienstleistungen, Valutapapieren,
Gold) und volkswirtschaftlicher Konsolidierung zu langfristigen Kontrakten (durch
Emission deutscher Wertpapiere ins Ausland, Teil- oder Totalüberfremdung von