9
gang erschwerende und hohe Spesen machende System der Lan
desverbände, Ortsgruppen und namentlich der selbstän
digen Zweigsekretariate erwies sich zunehmend als un
zweckmäßig. Es wurde deshalb planmäßig an seinen Abbau
herangegangen. Allerdings war dieser praktisch nur ganz allmählich
möglich und die leßten Zweigsekretariate in Stuttgart und Frank
furt und Nürnberg sind erst in den Jahren 1917-19 aufgelöst worden.
Gleichzeitig wurde die oberste Leitung des Vereins neu ge
staltet: Nach dem Tode des Herrn v. Siemens hatte zunächst der
Vorsitzende der Berliner Handelskammer, Herr Geh. Rat Herz den
Vorsiß übernommen, aber ausdrücklich nur bis zur erfolgten Neu
wahl des Reichstages. An seine Stelle trat durch Ausschußbe
schluß vom 23. September 1904 ein fünfköpfiger Vor
stand, bestehend aus den Herren: Edm. Bohlen-Hamburg, Stadi-
rat Heinr. Flinsch-Frankfurt, Hofrat Dr. Kolbe-Radebeul, Paul
Mengers-Berlin, Kommerzienrat O. Soldan-Nürnberg, innerhalb
dessen Herr Stadtrat Flinsch *) den Vorsiß übernahm.
Die praktische Tätigkeit des Vereins erstreckte sich nunmehr
— unter fast vollständigem Zurücktreten der Agitation — vor
allem auf die intensive Vorbereitung der zu erneu
ernden Handelsverträge: durch Konferenzen mit den
einzelnen Erwerbsgruppen, Eingaben und Denkschriften an die
zuständigen Behörden, Sammlung und Bearbeitung von Material
für die einzelnen Zollsätze usw. In gleicher Weise arbeitete er
dann auch für den Abschluss weiterer Handelsver
träge mit wichtigen Absaßgebieten, welche bislang noch
außerhalb unseres Tarifgeseßes standen: die skandinavischen
Staaten, Spanien und Portugal, die siidamerikanischen Staaten,
die britischen Staaten (Australien, Kanada!, die Vereinigten
Staaten von Nord-Amerika. Mit einer Anzahl derselben
— Schweden, Portugal, Kanada — sind denn auch Ver
tragsschlüsse erreicht worden.
Audi auf verwandten Gebieten wirkte er verschiedentlich für
Maßnahmen zu Gunsten des Außenhandels. So arbeitete er mit
Erfolg auf dem Gebiete der Konsulatsreform (Einrichtung
verschiedener neuer Konsulate, Konsulatsgebührentarif, Schaffung
von Handelssachversfändigen), regte Verbesserungen des amtlichen
Handels-Nachrichtendiensfes an, machte Vorschläge
für Ausbau eines einheitlichen internationalen Warenverzeichnisses
zu den Zolltarif und für international-einheitliche Interpretation der
in den Zolltarifen vorkommenden technischen und handelsüblidien
radiausdrücke.
Schließlidi wirkte er noch planmäßig und nicht ganz
ohne Erfolg auf eine wenigstens teilweise Beseitigung der unra
tionellen vielfältigen Doppelarbeit hin, welche daraus erwuchs, daß
sich mehr oder weniger alle Interessenvertretungen von Industrie
*) Seit 1910 durch Herrn Stadtrat Maas-Berlin erseßt.