Full text: 20 Jahre Handelsvertragsverein

I 
der Meistbegünstigung. Er stellte sich realpoliiisch auf den 
Boden des nun einmal gegebenen und für absehbare Zeit 
nicht zu beseitigenden Zollschuh-Prinzips und bekämpfte 
lediglich dessen Uebertreibung zu solcher Höhe, dah da 
durch die Exportindustrie gelähmt und das Ausland zu 
Gegenmaßnahmen gereizt würde. 
In einem programmatischen Zirkulär des Vorsifeenden Herrn 
Dr. G. v. Siemens von Anfang März 190t heißt es: 
„Wir sind keineswegs gi undsäßlich Freihändle r. 
Unsere Bestrebungen sind auf die Verteidigung der Konkurrenz 
fähigkeit unserer Industrie geriditet . . . Wir wollen auf dem 
Boden verbleiben, welcher durch das autonome Tarifgeseß von 
1879 und die Novellen von 1885 und 1887 geschaffen ist und die 
Grundlage der Handelsverträge von 1891/94 bildet.“ 
Zu der Hauptfrage der Zollpolitik, den Getreidezöllen, 
nahm er durch einen Beschluss der ersten Sißung seines Gesamt 
ausschusses vom 29. November 1900 in dem Sinne Stellung, dass 
er sich mit den bisherigen allgemeinen Zollsätzen von M. 5.— 
uro dz. fürderhin einverstanden erklärte, jedoch Doppeltarifsähe, 
d_ h. eine vorherige Festlegung der Vertragszölle, entschieden be 
kämpfte. Hier hat er sein Ziel nicht ganz erreicht; denn bekannt 
lich wurde im Zolltarif von 1903 für die 4 Hauptgetreidearten neben 
Erhöhung der Zollsätze tatsächlich audi ein Doppeltarif einge 
führt. Dagegen gelang es, die Gefahr eines Gesamt-Doppelfarifes 
zu beseitigen und die Fortführung des bewährten Systems der 
farifverträge und Meistbegünstigung grundsählich aufrecht zu 
erhalten. 
Da die politische Situation die Zusammenseßung des neuen 
Reichstages zum ausschlaggebenden Faktor für den Ausgang 
der Handelskampagne machte, konnte der H.V.V. nicht vermeiden, 
sich auch aktiv an der Wahlbewegung zu beteiligen: E; 
wurden etwa 80 solche Wahlkreise'ausgewählt, in welchen ein 
bürgerlicher Handelsvertragsfreund in schwerem Kampfe stand mit 
einem Vertreter der handelsvertragsfemdlichenRichtung, understerer 
durch lebhaftes Eingreifen mittels Rednern und Denkschriften, 
sowie durch erhebliche finanzielle Zuwendungen untersiüßt. Diese 
Aktion hatte troß des im Ganzen ziemlich reaktionären Ausfalles 
der Wahlen, in fast allen diesen Wahlkreisen guten Erfolg; insonder 
heit gelang es, fast alle Hauptführer der Argrarier —. Oertel, Hahn, 
Rösicke, Schrempf, L.ucke-Patershausen, Blödau — niederzuwerfen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.