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die deutschen Fabrikanten sich irren, wenn sie glauben, daß
die in Deutschland gezahlten Löhne auch nur im entferntesten
den französischen gleichkommen. — Allgemein zahlen wir
höhere Löhne im Norden, in Pas-de-Calais und im Westen;
wir zahlen ganz sicherlich mehr in Paris als in Berlin gezahlt
wird. Ich schätze die Differenz der Löhne zwischen einem
gelernten deutschen und einem gelernten französischen Arbeiter
auf durchschnittlich 1,25 Franks.
Man hört gewöhnlich, das Leben in Deutschland sei
weniger teuer. Herr von Gwinner, der Direktor der Deutschen
Bank, mit dem ich darüber sprach, sagte mir: „Sehen Sie
sich einmal die Preise in einem Berliner Restaurant an: für
2 Mark ißt man in Berlin besser als in Paris; dagegen für
1 Louisdor in Paris besser als in Berlin." —
Die deutschen Unternehmer haben genau wie die unsrigen
das Bestreben, die großen Fabriken auf das Land, wo die
Arbeiter billiger leben können, zu verlegen.
Herr Arthur Vrancken hatte mir geraten, die Chemische
Fabrik von Friedrich Bayer in Leverkusen — einer Stadt
am Ufer des Rheins, mehrere Meilen von Köln — zu
besichtigen. Ich wurde dort von dem Ingenieur Herrn
Caspari, einem Rheinpreußen, empfangen, der, wie mir schien,
den schönsten Teil seiner Jugend in Paris verlebt hat. In
seiner Begleitung war Herr Matthis, einer der kaufmännischen
Direktoren. Beide waren, was ich nebenbei bemerken möchte,
sehr gut in unserer klassischen Literatur bewandert.
Leverkusen ist vorbildlich eingerichtet, es beschäftigt ungefähr
8000 Arbeiter und 2000 Techniker, unter diesen 300 Chemiker,
70 Ingenieure, 8 Mediziner und 4 Juristen!
Uber die vier Juristen war ich ein wenig erschreckt und
wagte nicht zu ffagen, wozu sie da wären. Später in Nürnberg