Full text: Das Alkoholverbot in den Vereinigten Staaten von Amerika und seine Folgen

Bestrafungen wegen Vergehen gegen das Gesetz, betr. Narkotika 
(narkotic law). Während der Zeit von 1914—1921 wurden auf 
Grund dieses Gesetzes in den einzelnen Jahren in New York durch 
schnittlich 1296 Personen abgeurteilt, im Jahre 1921 allein 1628. 
Nach einer anderen Mitteilung wurden wegen Verletzung des vor 
genannten Gesetzes in die Strafanstalt zu Atlanta 1919 = 104, 
1920 — 203 und 1921 = 469 Personen eingeliefert. Nach dem 
Kongreßbericht vom 25. November 1921 schwanken die Angaben 
über die Anzahl der in der Union vorhandenen Freunde von Be 
täubungsmitteln zwischen 80 000 bis 4 000 000. Ueber die Ursachen 
dieser unerfreulichen Zeiterscheinung bestehen ebenfalls nur Ver 
mutungen. Die einen nehmen an, daß die schärfere Aufmerksamkeit 
der Polizei zahlreichere Fälle wie früher zur Kenntnis der Behörden 
bringt, die anderen, daß dieses Uebel durch den nach dem Kriege 
sich in mancher Hinsicht bemerkbar machenden, fortschreitenden 
Zustand von Gesetzlosigkeit begünstigt, ja vielleicht bedingt wird. 
Ein Zusammenhang des Verbrauches von Betäubungsmitteln mit dem 
Alkoholverbot — etwa als dessen Folgeerscheinung — wird von 
den Berichterstattern nicht angenommen, und zwar weil 
1. der Anstieg des Verbrauches von Betäubungsmitteln bereits 
vor dem Zustandekommen der Prohibition einsetzte, 
2. bei dem sehr hohen Preis der Drogen, deren Anschaffung nur 
den begüterten Klassen möglich sei, die sich mit ihrem Gelde 
auch den verbotenen Alkohol verschaffen können, 
3. die Drogenverbraucher meistens junge Leute von 16 bis 
20 Jahren seien, bei denen eine Gewöhnung an Alkohol noch 
nicht angenommen werde. 
Eine Stütze finden diese Ansichten in dem Ergebnis von am 
nestischen Feststellungen in großen amerikanischen Krankenhäusern, 
z. B. dem allgemeinen Krankenhaus in Philadelphia, die keinen 
Beweis dafür erbrachten, daß sich die Leidenschaft der betreffenden 
Kranken infolge Fehlens von Alkohol entwickelt hätte 1 ). Es deckt 
sich diese Anschauung übrigens, wie hier kurz bemerkt werden mag, 
mit der einer Reihe von deutschen Fachgelehrten. So äußerte sich 
neben anderen der bekannte Leiter der Irren- und Nervenklinik des 
*) In gleichem Sinne äußern sich in letzter Zeit maßgebende ameri 
kanische Fachärzte, z. B. Sceleth und Kuh (siehe den Artikel „Drug- 
addiction“ in Nr. 9, 8. 679 des „Journal of the American Medical Asso 
ciation“ vom 1. März 1924.
	        
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