33
Arbeitszeit der gemeinsamen Vereinbarung durch die Gewerk
schaften und die Arbeitgeber überlassen ist. Da werden me
nötigen Mehrleistungen durch Ueberzeitarbeiten beschafft,
aanz so, wie dies nach der Aussage des Dr. Boschs) tn dessen
Betriebe geschieht, und vorübergehend kann ja durch
Verlängerung der Arbeitszeit eine Mehrleistung erzielt
werden. Dadurch wird ein Zustrom von Arbeitern in das
Gewerbe verhindert, die darin dauernd nicht beschäftigt werden
können. Wird die Konjunktur rückläufig, so hören die Ueber«
stunden auf; damit sinkt das Angebot von Arbeitsleistungen,
und selbst wenn der Rückgang in der Konjunktur so groß ist,
daß auch Arbeiter, die zum Gewerbe gehören, beschäftigungs
los werden, so entsteht dort eine weit geringere Reservearmee
von Arbeitslosen, die auf die Arbeitsbedingungen der weiter
Beschäftigten drückt. Dadurch erst wird den Arbeitern ermög
licht, ihre Lebenshaltung hochzuhalten, und dies erst übt eme
Rückwirkung auf die Geburtenziffer. Denn es ist nicht richtig,
was Malthus gelehrt hat, daß mit der Besserung der Lebens
lage der Arbeiterschaft die Kinderzahl zunehme. Es ist viel
mehr, wie schon Diderot gesagt hat: rien ne peuple comme
la misfere. Ich habe die Gründe seit Jahrzehnten m meinen
Vorlesungen dargelegt und sie auch 1892 'N der Revue
d’Economie politique ausgesprochen. Mem Schuler Paul
MombeM hat dann 1907 den Nachweis der Richtigkeit meiner
Lehre speziell mit Rücksicht auf Deutschland erbracht, und ich
selbst habe ihn in meiner Akademieabhandlung ,,D>e
Malthussche Lehre und die Bevölkerungsbewegung der letzten
Dezennien, München 1909, auf noch breitere Grundlage ge
stellt.
Ich habe in meinem Aufsatze iit der Revue d Economic
politique auch bemerkt, daß die von den englischen tZewerk-
vereinen durchgeführte Methode, den mit den Schwankungen
in der Beschäftigung verbundenen Uebeln vorzubeugen, noch
weit sicherer funktionieren würde, wenn sie durch Organi
sationen der Arbeitgeber ergänzt würde, die stattdle Arbeiter
organisationen zu bekämpfen, sich rmt chnen über die Rege
lung der Produktion verständigten. Seit hatten die eng
lischen Grubenarbeiter nicht aufgehört, rmt zäher hartnäckig-
keit zu verlangen, daß die Arbeitgeber sich zu Syndikaten zu
sammenschlössen; die rücksichtslose Konkurrenz, Mit der ste stch
unterböten, führe nur zur Verschlechterung der Arbeitsbedin-
i) Siehe Reichsarbeitsblatt, 15. Nov. 1922, S. 645 .
-) Mombert. Studien zur Bevölkerungsbewegung in Deutsch
land usw., Karlsruhe 1907.