Wir erwähnten bereits, daß es englisches Vorbild war, dem ein
Teil unserer Kaufleute gefolgt ist. Die kühlrechnenden, von jeder
Sentimentalität weit entfernten englischen Kaufleute haben die Zweck
mäßigkeit des freien Sonnabend-Nachmittages eingesehen und den Früh
schluß durchgeführt. Mit den amerikanischen Geschäftsleuten zugleich
werden die Engländer empfunden haben, daß der intensivsten Erwerbs
tätigkeit ein gleichwertiges Ausmaß von Erholung und Ruhe gegenüber
stehen muß, wenn anders nicht Raubbau an der geistigen und körper
lichen Leistungsfähigkeit der im Handel Tätigen getrieben werden soll.
Der Sonnabend-Nachmittag ist von unseren größten Handels- und
Wirtschaftskonkurrenten zur Erholung, der Sonntag zur Ruhe bestimmt.
Das klingt aus einer Betrachtung heraus, die der Mitinhaber der
großen Konfektionsfirma V. Manheimer-Berlin, Herr Ludwig Rosen
thal, im November 1911 im Berliner Tageblatt veröffentlichte. Es
heißt dort unter der Ueberschrift:
Week — end!
„Der Ruf nach Fürsorge auf dem Gebiete der Volksgesundheit,
der Jugenderziehung tönt immer lauter und dringender. Wie viele
Feste werden wieder in diesem Winter zugunsten der Jugend
erziehung, der Bekämpfung der Jugendkrankheiten veranstaltet
werden, und sie alle werden nicht imstande sein, unserer Jugend die
herrlichen Schätze der heimatlichen Natur zu offenbaren, sie werden
die Zahl der bleichen und bebrillten Gesichter nicht vermindern.
Viel mehr als alle diese Wohltätigkeitsseste
wiirde es nützen, wenn wir eine wirkliche zusam
menhängende Ruhepause in der Woche hätten,
wie sie die Engländer haben. Für sie ist es Ueber
lieferung, daß am Sonnabend jeder Unterricht unterbleibt, daß
dieser Tag sportlichen Uebungen und Spielen gewidmet ist. Aber
auch für die Erwachsenen ist der Sonnabend ein
körperlichen und geistigen Vergnügungen ge
widmeter, der viel bespöttelte englische Sonn
tag ein Tag der Ruhe.
Punkt ein Uhr mittags schließen am Sonnabend sämtliche
Fabriken und Geschäftshäuser in der City. Eine Stunde später
schlägt auch in Läden und Kaufhäusern die Stunde des Wochen
schlusses. Fast verödet liegen dann die sonst belebten Geschäfts
straßen der Großstadt. Umso lebhafter stürmt dafür die männliche