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tung roh sein — sicher ist sie das ja — so kann man
doch, was aus ihr abgeleitet wird, nicht einfach als
spekulativ und unwissenschaftlich verwerfen.
In der Analyse des Denkprozesses als solchen
wurde meines Wissens nicht viel geleistet. Er war
noch ein vorwiegend metaphysisches Problem. Auch
die Logik im engeren Sinn kam nicht wesentlich
weiter und noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts
herrscht die alte Scholastik der Schlußlehre — noch
John St. Mill studierte Logik an Du Trieu’s manu-
ductio ad logicam, die ganz mittelalterlichen Geist
atmet. Desto mehr aber geschah in der Erkenntnis
theorie, namentlich durch Hume. Seine Erkenntnis,
daß die Kausalbeziehung nichts ist als eine speku
lativ überschätzte Zeitfolge von Erscheinungen, ist
nur einen Schritt von der soziologischen Erkenntnis
theorie entfernt, die sich heute ankündigt. Allein
dieser Schritt — nämlich das Begreifen der Art und
Weise, wie aus zeitlicher Aufeinanderfolge psychisch
jenes festere Gebilde wird, das wir Kausalrelation
nennen, aus den Notwendigkeiten, unter denen die
soziale Gruppe lebt — wurde meines Wissens nicht
gemacht.
Es mag befremden, wenn ich jetzt die Leistungen
jener Zeit auf dem Gebiet der Ästhetik übergehe.
Könnte man doch das 18. Jahrhundert das ästheti
sche nennen! Im Leben wie im Denken kehrte man
damals den ästhetischen Gesichtspunkt hervor, um
das Leben zum Kunstwerk und das Kunstwerk
lebendig zu machen — und das ästhetische Moment
hat dieses Jahrhundert unserem Kultur System ver