bei Lists Erörterungen über die Entstehung von Nationalkapital
finden wir den Produktionsgedanken ‚wieder. Die Kapitalbildung
soll nicht vor sich gehen auf Grund eines Spar- und Enthaltungs-
systems, sondern durch Steigerung der Produktivität,
Die Grundlage der Listschen Theorie von den produktiven
Kräften ist die Bedeutung einer Nation, einer Wirtschaftsgesell-
schaft als lebendig sich entwickelndes Ganzes. Die Nation, odeı
wie wir bei der Erklärung des Produktivitätsbegriffes sagten, die or-
ganisierte Gesellschaft ıst die Trägerin der Produktivität. Die
Gesellschaft als lebendige Totalität erfaßt, steht in ihrer Entwick-
lung nie still. Der Schwerpunkt der Oekonomie bei dieser Be-
trachtungsweise liegt daher nicht in Problemen, die sich mit dem
Tauschwert (statischem Preis), der Verteilung, der Zirkulation, deı
augenblicklich vorhandenen Gütermengen befassen, sondern in deı
Frage nach dem Prozeß der Gütererzeugung, nach der Ursache
des wirtschaftlichen Erfolges, nach dem ursächlichen Zusammen-
hang zwischen: bestmöglich organisierter Gesellschaft und höchst-
möglicher Produktivität oder, wenn wir, wie Lists Terminologie
es tut, nicht von dem Gesamtphänomen „Produktivität“, sondern
von den einzelnen Summanten sprechen, höchstmögliche produk-
tive Kraft.
Zur Erläuterung seiner Theorie bringt List einige Beispiele,
die das eben von uns Gesagte belegen und näher beleuchten
sollen. „Zwei Familienväter, Gutsbesitzer, haben jeder 5 Söhne
und ersparen jährlich 1000 Thaler, Der eine legt seine Ersparnisse
auf Zinsen. Die Söhne müssen hart arbeiten. Der andere ver-
wendet seine Ersparnisse zur Ausbildung seiner Söhne, zwei
bildet er zu rationellen Landwirten aus, die drei andern läßt er
je nach ihren Fähigkeiten Gewerbe lernen ).“ Zur Erklärung dieses
Beispiels sagt List”): „Der Landwirt A handelt nach der Theorie
der Werte, der Bnach der Theorie der produktiven Kräfte. Bei seinem
Tode magjeneran Tauschwerten weit reicher sein als dieser. Anders
aber verhält essich mit den produktiven Kräften. Der Grundbesitz des
einen wirdin zwei Teile geteilt, und jeder Teil wird mit Hilfe einer ver-
besserten Wirtschaft so viel Reinertrag gewähren wie zuvor das Ganze,
während die übrigen drei Söhne mit ihren Geschicklichkeiten
reiche Nahrungsquellen erworben haben. Der Grundbesitz des
andern wird in fünf Teile geteilt, und jeder Teil wird ebenso
schlecht bewirtschaftet werden wie früher das Ganze. In der
einen Familie wird eine Masse verschiedenartiger Geisteskräfte
geweckt und ausgebildet werden, die sich von Generation zu Ge-
neration vermehren; jede folgende Generation wird mehr Kraft
besitzen, materiellen Reichtum zu erwerben als die vorangegan-
genen, während in der anderen Familie die Dummheit und Armut
mit den Verminderungen der Anteile. am Grundbesitz steigen muß.“
Diese Ausführungen Lists bestätigen unsere vorangegangenen
Darlegungen. Die augenblicklich vorhandene Menge und der
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ıY List. 5. 226. 2) List. S. 226.