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Wert der kostenden Güter kann nicht als Maßstab des Reichtums
ainer Wirtschaftsgesellschaft dienen, sondern die Fähigkeit, diese
(Güter zu produzieren und die Steigerungsfähigkeit der Produktion,
Wenn das ganze Denken eines Menschen erfüllt ist vor dem
Gedanken an den nie still stehenden Entwicklungsgang einer
Wirtschaftsgesellschaft, so kann er eine Auffassung nicht würdigen,
die davon ausgeht, daß man zur Bestimmung der einzelnen öko-
nomischen Phänomene eine in ihrem Gleichgewichtszustande *)
funktionierende Gesellschaftsordnung annimmt.
List ist eben durchaus nicht am Seienden sondern am Sein-
sollenden und Werdenden orientiert. Das, was er immer wieder
betont, daß wirtschaftliche Phänomene nicht mit dem Maßstab
der Werte, sondern der Produktivkräfte gemessen werden sollen,
bedeutet, daß wirtschaftliche Vorgänge zu betrachten sind nicht
im Rahmen einer zeitlich begrenzten *) Wirtschaftsordnung, sondern
vom Standtpunkt der organischen Fortentwicklung der Gesell-
schaft aus.
Wenn List fortwährend mit dem Gegensatz von Wert und
Produktivkraft arbeitet, so wollte er damit nicht Ursache und
Wirkung gegenüberstellen, sondern, wie bei dem Begriff Tausch-
wert erklärt worden ist, bedeutet diese Gegenüberstellung den
Gegensatz zwischen einer Anschauung, die ihre Begriffe auf der
organischen Fortentwicklung der Gesellschaft aufbaut, und einer
solchen, die „die Entwicklung der Gesellschaft zwar anerkennt,
aber ihre Begriffe unabhängig davon entwickelt. Wenn List im
Gegensatz: zum Tauschwert von Produktivkräften redet, dann be-
deutet dieser Begriff nicht nur die durch die Organisation der
Gesellschaft bedingte Teilung und Kooperation der Arbeit. In
diesen Fällen ist es das Charakteristikum für die Bezeichnung
zweier Methoden. Wenn List‘) sagt: „Eine Nation muß mate-
rielle Güter aufopfern, um sich zukünftige zu sichern“, so ist
wieder der Gegensatz vom Seienden zum Werdenden, vom Zu-
stand zum Vorgang ausgesprochen. Dieses Werdende, das wir
mit dem Begriff Chance‘) bezeichnen wollen, und das List mit
dem Begriff Produktivkraft verbindet, enthält u. E. diejenige Wert-
beziehung, die die Dynamik im Gegensatz zu der Bewertung des
Zustandes allein enthalten kann. (Wenn hier von dem Begriff
„Wert“ die Rede ist, so wird hierunter stets objektiver Wert,
Tauschwert, statischer Preis verstanden.)
List stellt mit den Begriffen Tauschwert und Produktivkraft
die beiden Auffassungen der Oekonomie, die wir versucht haben
zu charakterisieren, gegenüber. Dies ist das Primäre, aber er
stellt auch in gewissem Sinne das Seiende und das Werdende,
die Chance gegenüber einer Werttheorie, die gewonnen ist auf
statischer Grundlage, die also bei Abstrahierung von allen ge-
5) Adam Smith, Inquiry into the causes and nature of the wealth nationes.
S. 1 u. ?.
®) John Stuart Mill, Principles, Kap. 4. 3) S. 234,
4) Max Weber, Vorlesung über allgemeine Soziologie. S.S. 1919. München,